21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 15474

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Urteil25.07.2012Oberlandesgericht Oldenburg4 U 35/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • IMR 2012, 467Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2012, Seite: 467
  • MDR 2012, 1339Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1339
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Oldenburg Urteil25.07.2012

Dachlawinen: Befreiung des Dachs von Schnee durch Fachkräfte nur in Ausnahmefällen erforderlichEbenso keine Verpflichtung zur Anbringung von Schnee­fang­gittern und zum Aufstellen von Warnschildern

Ein Hauseigentümer muss sein Dach nur in Ausnahmefällen durch Fachkräfte von Schnee befreien lassen. Eine generelle Verpflichtung dazu wäre unver­hält­nismäßig und nicht erfüllbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Oldenburg hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall parkte ein Autofahrer am Mittag des Neujahrstags sein Fahrzeug in einer Parkbucht vor einem Haus in Osnabrück. Im Laufe des Nachmittags lösten sich vom Dach des Hauses Eisbrocken und beschädigten das Fahrzeug. Es herrschte seit dem Morgen extremes Tauwetter, vor dem im Radio gewarnt wurde. Der Autofahrer behauptete, der Hauseigentümer habe seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt und klagte auf Schadenersatz. Das Landgericht Osnabrück gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Hauseigentümers.

Hauseigentümer verletzte nicht Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Das Oberlan­des­gericht Oldenburg entschied zu Gunsten des Hauseigentümers. Er habe seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht verletzt. Denn er sei nicht verpflichtet gewesen, das Dach von Schnee und Eis zu befreien.

Schnee­be­sei­tigung erforderte Beauftragung von Fachkräften

Der Hauseigentümer habe das Dach angesichts eines Neigungswinkels von teilweise 80 Grad und einer Haushöhe von wenigstens 2 ½ Vollgeschossen nicht selbst von Eis und Schnee reinigen können, so das Oberlan­des­gericht weiter. Er hätte insofern Fachkräfte beauftragen müssen. Eine derartige Verpflichtung wäre jedoch, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, viel zu weitgehend. Denn sie liefe darauf hinaus, dass bei starkem Tauwetter nahezu jeder Hauseigentümer das Dach von Eis und Schnee reinigen lassen müsse. Eine solche generelle und weitergehende Verpflichtung sei jedenfalls in schneearmen Gegenden gar nicht erfüllbar, weil durch Feuerwehr und Dachde­cke­r­firmen derartiges in Osnabrück flächendeckend und schnell nicht geleistet werden könne.

Anbringung von Schnee­fang­gittern war nicht erforderlich

Außerdem sei der Hauseigentümer nach Auffassung der Richter nicht dazu verpflichtet gewesen Schneefanggitter anzubringen. Eine solche Pflicht habe sich zum einen nicht aus § 32 Abs. 2 BauO Niedersachsen ergeben. Danach sei ein Hauseigentümer verpflichtet Schnee­fang­gitter anzubringen, wenn dies die Verkehrs­si­cherheit gebiete. Da die Vorschrift auf die Verkehrs­si­cherheit abstelle, sei es zirkelhaft gewesen daraus eine Verkehrspflicht herzuleiten. Zum anderen sei eine Verkehrspflicht zur Installation von Schnee­fang­gittern für schneereiche Gebiete angenommen worden sowie wenn die Ortssatzung dies regele oder es der örtlichen Übung entspreche (vgl. OLG Zweibrücken, Urt. v. 09.07.1999 - 1 U 181/98 und OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2012 - I-24 U 217/11). Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Zudem dürfe aus dem Neigungswinkel der Dachfläche allein keine Verpflichtung zur Anbringung von Schnee­fang­gittern hergeleitet werden.

Keine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung wegen Unterlassens des Aufstellens von Warnschildern

Der Hauseigentümer habe darüber hinaus, aus Sicht der Richter, nicht dadurch seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt, weil er es unterließ Warnschilder aufzustellen. Denn solange ein Verkehrs­pflichtiger durch konkrete Abgänge nicht vorgewarnt sei, müsse er eine solche Maßnahme nicht ergreifen. Dies hätte sonst zur Folge, dass jeder Hauseigentümer unabhängig von einer tatsächlich bestehenden Gefahr vor Dachlawinen warnen müsse. Der Sinn einer solchen Warnung erschöpfe sich dann darin, den Passanten auf den allgemeinen Umstand hinzuweisen, dass Tauwetter herrsche und unter diesen Umständen Schnee vom Dach stürzen könne. Derart inhaltsleere Schilder hätten lediglich rituellen Charakter ohne einen konkreten Nutzen.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, ra-online (vt/rb)

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