Dokument-Nr. 15474
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- IMR 2012, 467Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2012, Seite: 467
- MDR 2012, 1339Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1339
Oberlandesgericht Oldenburg Urteil25.07.2012
Dachlawinen: Befreiung des Dachs von Schnee durch Fachkräfte nur in Ausnahmefällen erforderlichEbenso keine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern und zum Aufstellen von Warnschildern
Ein Hauseigentümer muss sein Dach nur in Ausnahmefällen durch Fachkräfte von Schnee befreien lassen. Eine generelle Verpflichtung dazu wäre unverhältnismäßig und nicht erfüllbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg hervor.
In dem zu Grunde liegenden Fall parkte ein Autofahrer am Mittag des Neujahrstags sein Fahrzeug in einer Parkbucht vor einem Haus in Osnabrück. Im Laufe des Nachmittags lösten sich vom Dach des Hauses Eisbrocken und beschädigten das Fahrzeug. Es herrschte seit dem Morgen extremes Tauwetter, vor dem im Radio gewarnt wurde. Der Autofahrer behauptete, der Hauseigentümer habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und klagte auf Schadenersatz. Das Landgericht Osnabrück gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Hauseigentümers.
Hauseigentümer verletzte nicht Verkehrssicherungspflicht
Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied zu Gunsten des Hauseigentümers. Er habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Denn er sei nicht verpflichtet gewesen, das Dach von Schnee und Eis zu befreien.
Schneebeseitigung erforderte Beauftragung von Fachkräften
Der Hauseigentümer habe das Dach angesichts eines Neigungswinkels von teilweise 80 Grad und einer Haushöhe von wenigstens 2 ½ Vollgeschossen nicht selbst von Eis und Schnee reinigen können, so das Oberlandesgericht weiter. Er hätte insofern Fachkräfte beauftragen müssen. Eine derartige Verpflichtung wäre jedoch, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, viel zu weitgehend. Denn sie liefe darauf hinaus, dass bei starkem Tauwetter nahezu jeder Hauseigentümer das Dach von Eis und Schnee reinigen lassen müsse. Eine solche generelle und weitergehende Verpflichtung sei jedenfalls in schneearmen Gegenden gar nicht erfüllbar, weil durch Feuerwehr und Dachdeckerfirmen derartiges in Osnabrück flächendeckend und schnell nicht geleistet werden könne.
Anbringung von Schneefanggittern war nicht erforderlich
Außerdem sei der Hauseigentümer nach Auffassung der Richter nicht dazu verpflichtet gewesen Schneefanggitter anzubringen. Eine solche Pflicht habe sich zum einen nicht aus § 32 Abs. 2 BauO Niedersachsen ergeben. Danach sei ein Hauseigentümer verpflichtet Schneefanggitter anzubringen, wenn dies die Verkehrssicherheit gebiete. Da die Vorschrift auf die Verkehrssicherheit abstelle, sei es zirkelhaft gewesen daraus eine Verkehrspflicht herzuleiten. Zum anderen sei eine Verkehrspflicht zur Installation von Schneefanggittern für schneereiche Gebiete angenommen worden sowie wenn die Ortssatzung dies regele oder es der örtlichen Übung entspreche (vgl. OLG Zweibrücken, Urt. v. 09.07.1999 - 1 U 181/98 und OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.02.2012 - I-24 U 217/11). Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Zudem dürfe aus dem Neigungswinkel der Dachfläche allein keine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern hergeleitet werden.
Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung wegen Unterlassens des Aufstellens von Warnschildern
Der Hauseigentümer habe darüber hinaus, aus Sicht der Richter, nicht dadurch seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil er es unterließ Warnschilder aufzustellen. Denn solange ein Verkehrspflichtiger durch konkrete Abgänge nicht vorgewarnt sei, müsse er eine solche Maßnahme nicht ergreifen. Dies hätte sonst zur Folge, dass jeder Hauseigentümer unabhängig von einer tatsächlich bestehenden Gefahr vor Dachlawinen warnen müsse. Der Sinn einer solchen Warnung erschöpfe sich dann darin, den Passanten auf den allgemeinen Umstand hinzuweisen, dass Tauwetter herrsche und unter diesen Umständen Schnee vom Dach stürzen könne. Derart inhaltsleere Schilder hätten lediglich rituellen Charakter ohne einen konkreten Nutzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.03.2013
Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, ra-online (vt/rb)
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