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Dokument-Nr. 17214

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Urteil02.12.2004Oberlandesgericht Nürnberg2 U 2712/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2005, 466Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2005, Seite: 466
  • NJW-Spezial 2005, 211Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2005, Seite: 211
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Nürnberg Urteil02.12.2004

Erhobener Mittelfinger: Unfall­ve­r­ur­sachung nach Zur-Rede-Stellen-Wollen wegen Zeigen eines MittelfingersVerkehrsunfall aufgrund Abbremsens eines Fahrzeugs im fließenden Verkehr begründet vorsätzliches Handeln / Kfz-Haftpflicht­versicherung bei vorsätzlicher Unfall­ve­r­ur­sachung leistungsfrei

Wer sein Fahrzeug unerwartet im fließenden Verkehr abbremst und dadurch einen Verkehrsunfall verursacht, führt diesen vorsätzlich herbei. Die Haftpflicht­versicherung des Unfall­ve­r­ur­sachers muss daher nicht für die Unfallfolgen einstehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2003 kam es zu einem Verkehrsunfall, weil der Fahrer eines PKW während des Befahrens der linken Spur sein Fahrzeug plötzlich stark abbremste. Der hinter ihm fahrende Fahrer eines Sharan konnte zwar noch anhalten, der darauf folgende Autofahrer konnte hingegen nicht mehr rechtzeitig abbremsen und fuhr daher auf den Sharan auf. Zudem fuhr ihm das nachfolgende Fahrzeug auf. Der Unfall­ve­r­ur­sacher hatte sein PKW scharf abgebremst, weil der Sharanfahrer ihm den Mittelfinger gezeigt hatte und er ihn deswegen zur Rede stellen wollte. Nachfolgend bestand Streit darüber, ob die Haftpflichtversicherung des Unfall­ve­r­ur­sachers gemäß § 152 VVG (Leistungs­freiheit bei vorsätzlichem Handeln des Versicherten, neu: § 103 VVG) von ihrer Leistungs­pflicht befreit war.

Leistungs­freiheit bei vorsätzlichem Handeln des Versicherten

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg führte zunächst aus, dass nach § 152 VVG (neu: § 103 VVG) ein Versi­che­rungs­nehmer dann keinen Anspruch gegen seine Versicherung habe, wenn er den Versi­che­rungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Dies gelte ebenso im Verhältnis zum Geschädigten. Denn nach § 3 PflVG (neu: § 115 VVG) setze der Anspruch des Geschädigten gegen die Versicherung des Unfall­ve­r­ur­sacher voraus, dass dieser seinerseits einen Anspruch auf Versicherungsleistung hat. Ist dies nicht der Fall, so habe auch der Geschädigte keinen Anspruch gegen die Versicherung.

Vorliegen einer vorsätzlichen Herbeiführung eines Unfalls

Davon ausgehend verneinte das Oberlan­des­gericht eine Leistungs­pflicht der Haftpflicht­ver­si­cherung. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe festgestanden, dass der Versicherte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hatte. Der Versicherte habe durch sein Bremsmanöver im fließenden Verkehr in dramatischer, für die anderen Verkehrs­teil­nehmer unkal­ku­lierbarer Weise den Verkehrsfluss unterbrochen und ein unübersehbares Gefah­ren­po­tenzial aufgebaut. Ihm sei daher angesichts des Hintergrund- und Alltagswissen eines jeden Autofahrers die naheliegende Möglichkeit eines Auffahrunfalls und der daraus resultierende Schaden bekannt gewesen. Er habe diese Folgen billigend in Kauf genommen.

Keine Anwendung der Regeln des Anscheins­be­weises

Das Oberlan­des­gericht wendete nicht die Grundsätze des Anscheins­be­weises zur Annahme eines vorsätzlichen Handelns an. Denn diese Grundsätze kommen nur zur Anwendung, wenn ein typischer Gesche­hens­ablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und in solchem Maße das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls dahinter zurücktreten. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe eine extreme und gänzlich unangemessene Reaktion vorgelegen. Diese habe eine atypische, also ungewöhnliche Verhaltensweise dargestellt, die in der konkreten Situation nicht zwangsläufig zu erwarten war.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (zt/NJW-RR 2005, 466/rb)

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