Oberlandesgericht München Beschluss29.06.2017
Möglichkeit der schnellsten Vaterschaft für Kind allein nicht maßgeblich für VaterschaftseintragungInteresse des Kindes an dem biologisch wahrscheinlicheren Vater zu berücksichtigen
Hat ein Kind aufgrund der Kollision von deutschem und ausländischem Recht mehrere Väter, so ist der Vater im Geburtenregister einzutragen, der nach dem Günstigkeitsprinzip für das Kindeswohl am besten ist. Dabei ist nicht allein darauf abzustellen, nach welchem Recht das Kind am schnellsten einen Vater erlangt. Vielmehr ist gleichermaßen das Interesse des Kindes an dem biologisch wahrscheinlicheren Vater zu berücksichtigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im April 2016 gebar eine deutsch-rumänische Frau Zwillinge. Diese Kinder hatten aufgrund der Kollision von deutschem und rumänischem Recht zwei Väter. Zum einen bestand nach rumänischem Recht eine Vaterschaft des früheren rumänischen Ehemanns der Frau. Die Ehe wurde im Februar 2016 geschieden. Zum anderen erkannte der leibliche Vater einige Tage nach der Geburt die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter und ihres früheren Ehemanns an. Nachfolgend war dem Standesamt unklar, welcher Vater in das Geburtenregister einzutragen war.
Amtsgericht bejaht Eintragung des leiblichen Vaters
Das Amtsgericht Augsburg entschied die Frage dahin, dass der leibliche Vater in das Geburtenregister einzutragen sei. Dagegen legte die Standesamtsaufsichtsbehörde Beschwerde ein. Ihrer Meinung nach sei bei der Vaterschaftseintragung auf das Recht abzustellen, das dem Kind zuerst zu einem Vater verhelfe. Demnach sei der frühere Ehemann als Vater einzutragen. Denn stehe zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ein Vater fest, weil er etwa als geschiedener Ehemann nach seinem Heimatrecht als Vater vermutet werde, so sei eine spätere Anerkennung eines anderen Mannes ausgeschlossen.
Oberlandesgericht hält Eintragung des leiblichen Vaters ebenfalls für zulässig
Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde zurück. Zwar sei nach dem Günstigkeitsprinzip dasjenige Recht vorzuziehen, das für das Kind "günstiger" sei. Dabei dürfe aber nicht das Kindeswohl außer Betracht bleiben. Es müsse für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geprüft werden, was dem Kindeswohl am meisten diene und daher für das Kind am günstigsten sei. Für die Beurteilung sei nicht allein darauf abzustellen, nach welchem Recht das Kind am schnellsten einen Vater erlange. Denn das Kindeswohl erschöpfe sich nicht in der Sicherung von Unterhaltsansprüchen oder erbrechtlichen Ansprüchen. Vielmehr sei gleichermaßen das Interesse des Kindes an der Berücksichtigung des biologisch wahrscheinlicheren Vaters zu beachten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.10.2017
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)