Oberlandesgericht München Beschluss07.01.2021
Berufliche Nähe des Ehegatten eines Richters zur Partei eines Rechtsstreits begründet BefangenheitsantragBegründete Zweifel an Unvoreingenommenheit des Richters
Besteht zwischen dem Ehegatten eines Richters und der Partei eines Rechtsstreits eine berufliche Nähe, so begründet dies einen Befangenheitsantrag. Denn in diesem Fall bestehen begründete Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters. Dies hat das Oberlandesgericht München entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2020 fand vor dem Landgericht München II ein Schadensersatzprozess im Zusammenhang mit dem Dieselabgas-Skandal statt. Der Käufer eines Skoda Superb 2. TDI begehrte wegen sittenwidriger Schädigung Schadensersatz. Eine der Richterinnen des Prozesses war mit einem Mann verheiratet, der in der Geschäftsleitung eines Automobilzulieferers tätig war. Der Zulieferer war auch für die Beklagte tätig. Der Kläger nahm dies zum Anlass, die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Das Landgericht München II wies den Antrag zurück. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
Zweifel an Unvoreingenommenheit wegen beruflicher Nähe des Ehemanns der Richterin zur Beklagten
Das Oberlandesgericht München entschied zu Gunsten des Klägers. Für die Beurteilung der Besorgnis der Befangenheit eines Richters komme es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteilich oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend sei allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Die besondere berufliche Nähe des Ehemanns der Richterin zur Beklagten gebe begründeten Anlass zur Sorge, dass es dadurch zu einer unzulässigen Einflussnahme auf die Richterin kommen kann.
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Kein Vertrauen auf Unterlassen einer Einflussnahme
Auch wenn grundsätzlich davon auszugehen sei, so das Oberlandesgericht, dass Richter über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, unvoreingenommen und objektiv zu entscheiden, sei es einer Partei nicht zuzumuten, darauf zu vertrauen, dass eine unzulässige Einflussnahme durch den Gegner unterbleibt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.02.2021
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)