Oberlandesgericht München Beschluss13.04.2017
Unzulässige Auslieferung eines Rumänen aufgrund zu geringer HaftraumgrößeMenschenwürde erfordert persönliche Haftfläche im Gemeinschaftshaftraum von mindestens 3 qm
Die menschenwürdige Unterbringung eines Strafgefangen in einem Gemeinschaftshaftraum erfordert eine persönliche Haftfläche von mindestens 3 qm. Liegt die Haftfläche darunter, liegt ein Verstoß gegen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor. Dies rechtfertigt den Auslieferungsstopp eines Ausländers. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor.
Im April 2017 hatte das Oberlandesgericht München zu entscheiden, ob die Auslieferung eines rumänischen Staatsbürgers nach Rumänien zulässig ist. Der Rumäne wurde in seinem Heimatland zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt, weil er in einer Bar randaliert hatte.
Unzulässige Auslieferung aufgrund menschenunwürdiger Haftbedingungen
Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Auslieferung des Rumänen aufgrund der zu erwartenden menschenunwürdigen Haftbedingungen unzulässig sei. Nach Auskunft der rumänischen Behörden solle er in einem Gemeinschaftshaftraum untergebracht werden, wo ihm eine individuelle Mindestfläche von 2 qm zur Verfügung stehe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlange jedoch in Gemeinschaftshafträumen eine persönliche Haftfläche von mindestens 3 qm. Andernfalls liege ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK vor.
Keine Ausnahme aufgrund halboffenen Verzugs
Zwar sei der Vollzug als halboffen konzipiert, so das Oberlandesgericht, da die Hafträume zwischen 8 Uhr und 12.30 Uhr sowie zwischen 13.30 Uhr und 18 Uhr geöffnet seien. Dennoch liege eine menschenunwürdige Haftbedingung vor. Bei einer Unterschreitung der Mindesthaftraumgröße gehe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht von einer menschenunwürdigen Haftbedingung aus, wenn die Mindesthaftraumgröße nur kurzfristig, gelegentlich und geringfügig unterschritten werde, dem Gefangen ausreichende Bewegungsfreiheit außerhalb des Haftraums und eine angemessene Möglichkeit zur Teilnahme an Außenaktivitäten zur Verfügung stehe sowie keine zusätzlichen beschwerenden Haftumstände vorliegen. Hier scheitere es bereits an der ersten Voraussetzung. Die persönliche Mindestfläche von 3 qm werde weder kurzfristig noch gelegentlich oder geringfügig unterschritten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.08.2018
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)