23.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil30.04.2015

Kunduz-Angriff: Opfer haben keinen Anspruch auf EntschädigungDamaligem Kommandeur kann keine schuldhafte Amts­pflichts­verletzung vorgeworfen werden

Das Oberlan­des­gericht Köln hat entschieden, das Opfer des Kunduz-Angriffs keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik Deutschland haben.

Im zugrunde liegenden Fall klagten zwei afghanische Zivilisten gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz wegen der Tötung von Angehörigen bei der Bombardierung von zwei Tanklastern in der Nähe von Kunduz in Afghanistan

LG verneint schuldhafte Amtspflichts­ver­letzung des damaligen Kommandeurs

Das Landgericht Bonn hatte mit Urteil vom 11. Dezember 2013 nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme entschieden, dass dem damaligen Kommandeur des PRT Kunduz ("Provincial Reconstruction Team") keine schuldhafte Verletzung seiner Amtspflichten (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) vorzuwerfen sei. Mit seiner Anordnung habe er nicht schuldhaft gegen Normen des Völkerrechts zum Schutz der Zivil­be­völ­kerung verstoßen. Dies betreffe namentlich die aus Völkerrecht resultierenden Amtspflichten, Zivilpersonen nicht zum Ziel eines Angriffs zu machen bzw. die Zivil­be­völ­kerung im Rahmen eines Kampfeinsatzes zu schonen.

OLG: Tatsa­chen­fest­stel­lungen des Landgerichts erfolgten rechts­feh­lerfrei

Das Oberlan­des­ges­gericht Köln gelangte zu dem Ergebnis, dass die Tatsa­chen­fest­stellung des Landgerichts nach dem im Berufungs­rechtszug anzulegenden Maßstab frei von Rechtsfehlern erfolgt ist. Das Landgericht habe erschöpfend die Protokolle des Funkverkehrs mit den Piloten der zur Beobachtung eingesetzten Kampfflugzeuge, die von diesen gefertigten Infra­rot­auf­nahmen vom Standort der Tanklaster, die dem Kommandeur in Echtzeit vorgelegen haben, die Angaben des Informanten vor Ort sowie die Ausführungen eines landes­kund­lichen Sachver­ständigen berücksichtigt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts lässt nach Einschätzung des Oberlan­des­ge­richts Rechtsfehler nicht erkennen. Den in der konkreten Planungs- und Entschei­dungs­si­tuation vorliegenden Erkennt­nis­quellen habe Oberst Klein im Zeitpunkt der Befehl­s­er­teilung nicht entnehmen können, dass die Annahme eines militärischen Angriffsziels unzutreffend sei, weil sich tatsächlich Zivilisten an der Abwurfstelle aufgehalten hätten.

Informanten verneinen auch nach mehreren Nachfragen Anwesenheit von Zivilisten im Zielgebiet

Der Kommandeure habe die ihm zur Verfügung stehenden Infor­ma­ti­o­ns­quellen genutzt. Die Aussage des Informanten vor Ort habe auch nach siebenfacher Nachfrage ergeben, dass sich zum Zeitpunkt des Bombardements keine Zivilisten bei den Tanklastern befunden haben sollen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Informanten seien in der konkreten Entschei­dungs­si­tuation nicht veranlasst gewesen.

Auswertung der Infra­rot­auf­nahmen ließ keine Rückschlüsse auf Anwesenheit von Zivilpersonen zu

Auf der Grundlage der übrigen Erkennt­nis­quellen habe der Kommandeur auch nicht erkennen müssen, dass diese Information falsch sei. So habe der Aussagewert der Infra­rot­auf­nahmen auch unter Berück­sich­tigung von Spezi­a­l­kennt­nissen über die Strukturen und Handlungsweisen der aufständischen Taliban keinen Schluss auf die Anwesenheit von Zivilpersonen vor Ort zugelassen. Auch aus der Anzahl der vor Ort befindlichen Personen habe nicht notwendig auf die Anwesenheit von Zivilisten geschlossen werden müssen, da der Ort des Bombardements als Hochburg der Taliban gelte und die Anwesenheit von 50 bis 70 Personen insoweit kein Anlass zu Zweifeln gegeben habe. Gleiches gelte für das ungeordnete heterogene Bewegungsmuster, welches die Infra­rot­auf­nahmen von den vor Ort befindlichen Personen hätten erkennen lassen. Denn von den Taliban als gueril­la­ähn­lichen Kämpfern sei ein militärischer Operationsmodus nicht zwingend zu erwarten gewesen.

Notwendigkeit weiterer Aufklä­rungs­maß­nahmen nicht gegeben

Hinsichtlich weiterer von den Klägern für notwendig erachteter militärischer Aufklä­rungs­maß­nahmen wie einem Tiefflug über die Sandbank ("show of force") sei nicht ersichtlich, dass hieraus für die Einordnung des Angriffsziels bessere Erkenntnisse hätten gewonnen werden können. Gleiches gelte für die Einschaltung einer höheren Kommando-Ebene. Hinsichtlich der geforderten Vernehmung von Oberst Klein als Zeugen habe es an einem ordnungsgemäßen Beweisantritt durch die Kläger gefehlt.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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