14.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 25421

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Urteil12.01.2018Oberlandesgericht Köln6 U 92/17
Vorinstanz:
  • Landgericht Köln, Urteil24.05.2017, 84 O 67/17
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil12.01.2018

Werbung für Arznei gegen Hundeflöhe bei Facebook in begrenztem Umfang zulässigFacebook-Posts mit werbendem Inhalt können bei voraus­ge­gangenem "Shitstorm" zulässig sein

Das Oberlan­des­gericht Köln hatte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Zulässigkeit von Werbung auf Facebook für Tiera­rz­nei­mittel zu entscheiden.

In dem zugrunde liegenden Verfahren ging es um eine verschrei­bungs­pflichtige Kautablette zur Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden. Da in den sozialen Medien massiv negativ über das Arzneimittel diskutiert wurde ("Shitstorm"), insbesondere was mögliche Nebenwirkungen anging, verbreitete die Herstellerfirma über Facebook mehrere Posts, gerichtet an die Zielgruppen "kritische Hundehalter" und "Tiermediziner/Tierme­di­zi­nische Fachangestellte". Ein Wettbewerber klagte auf Unterlassung, da gemäß § 10 Abs. 1 Heilmit­tel­wer­be­gesetz (HWG) Werbung für verschrei­bungs­pflichtige Medikamente nur bei den sogenannten Fachkreisen - insbesondere Tierärzten - zulässig, Werbung in der allgemeinen Öffentlichkeit aber verboten ist.

Facebook-Post zum Bewerben des Wirkstoffs als sicheres und wirksames Mittel verboten

Das Landgericht Köln gab dem Antrag vollständig statt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung differenzierte das Oberlan­des­gericht Köln in seiner Entscheidung. Ein Post, der den Wirkstoff als "als sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken" bezeichnet, bleibt verboten. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass das Werbeverbot für verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel in § 10 Abs. 1 HWG auch für Tiermedizin verfas­sungs­rechtlich zulässig sei. Der gesetzliche Eingriff in die verfas­sungs­rechtlich geschützte Berufs- und Meinungs­freiheit der Hersteller von Tiera­rz­nei­mitteln sei gerechtfertigt. Die Norm solle den Tierarzt vor Einflussnahme schützen. Diesem bleibe die Entscheidung vorbehalten, ob und welche Medikamente er aufgrund seiner Expertise verschreiben möchte. Diese Möglichkeit der freien Entscheidung des Tierarztes könne durch Werbung für das Medikament in der allgemeinen Öffentlichkeit erheblich beeinflusst werden. So könnten Tierhalter aufgrund der Werbung einen Tierarzt zur Verschreibung drängen oder versuchen, das Arzneimittel ohne Konsultation eines Tierarztes zu erhalten. Damit diene das Werbeverbot letztlich auch dem Tierwohl. Der Post sei wegen der Nennung des Wirkstoffs und des Logos der Herstellerin als produktbezogene Werbung einzuordnen, die über Facebook auch außerhalb der Fachkreise geschaltet worden sei. Die Werbung sei darüber hinaus auch innerhalb der Fachkreise - also gegenüber Tierärzten u.ä. - zu unterlassen, denn durch die besondere Herausstellung der Sicherheit des Mittels würde bei den angesprochenen Verkehrskreisen der unrichtige Eindruck erweckt, das Arzneimittel habe keine Nebenwirkungen. Der Umstand, dass das Arzneimittel behördlich zugelassen sei, genüge nicht, um es als "sicher" zu bezeichnen, weil sich aus der Zulassung nur ein positives Verhältnis zwischen Nebenwirkungen und Behand­lungs­erfolg ergebe.

Gericht erlaubt Post mit Frage "Ist dieses verschrei­bungs­pflichtige Medikament sicher für meinen Hund?"

Das Gericht erklärte hingegen einen Post mit der Frage "Ist dieses verschrei­bungs­pflichtige Medikament sicher für meinen Hund?" für zulässig. Auch dieser Post sei zwar als Werbung einzuordnen. Diese sei aber bei verfas­sungs­kon­former Auslegung von § 10 HWG zulässig. Der Post werde nur für denjenigen als Werbung für ein konkretes Produkt erkennbar, der den "Shitstorm" gegen das Produkt kenne. Facebook-Nutzer, deren Interesse nicht aufgrund einer anderweitigen Kenntnis von der Diskussion über das Arzneimittel geweckt worden sei, würden sich mit der Darstellung nicht weiter ausein­an­der­setzen. Außerdem würden in dem Post nicht die besonderen Vorteile des Mittels beworben, sondern die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Produktes, welche gerade Gegenstand der auf Facebook geführten Diskussion sei. Insgesamt würde daher letztlich nicht ein breiter Kreis von Tierhaltern angesprochen, sondern lediglich Personen, denen das Arzneimittel und die Diskussion hierüber bereits bekannt seien. Die mit einer solchen Werbung verbundenen Risiken, denen der Gesetzgeber durch das Werbeverbot begegnen wollte, könnten sich daher bei diesem Personenkreis kaum verwirklichen. Im Ergebnis überwiege das Interesse des Herstellers, sich in die Diskussion über die Gefahren und Risiken ihres Arzneimittels einzubringen.

Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmit­tel­wer­be­gesetz)

Erläuterungen
§ 10 (1) Für verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel darf nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

(§ 10 HWG in der Fassung vom 15.4.2015)

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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