Das beklagte Unternehmen und seine deutsche Tochtergesellschaft werben Kunden, indem sie anbieten, sich als registriertes Mitglied einer Gemeinschaft von Internetnutzern anzuschließen und in diesem Rahmen ihre Breitband-Internetzugänge mit anderen Mitgliedern zu teilen. Zu diesem Zweck stellen sie Mitgliedern mit eigenem, von der Klägerin oder anderen Providern zur Verfügung gestelltem Internetzugang einen WLAN-Router nebst Software zur Verfügung, über den sie ihren Internetzugang rund um die Uhr für die Nutzung durch andere, von der Beklagten vermittelte Nutzer öffnen. Das Landgericht Köln hat daraufhin die Beklagten in erster Instanz antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt sowie ihre Schadensersatzpflicht festgestellt. Das OLG Köln bestätigte das Urteil in der Berufungsinstanz.
Die Richter bestätigten den in erster Instanz ausgesprochenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten. Deren angegriffenes Geschäftsmodell werteten die Richter insgesamt als wettbewerbswidrig, weil es bei Abwägung aller Umstände unlauter und geeignet ist, die Interessen der Klägerin als Mitbewerberin, aber auch anderer Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Die Parteien stehen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, da sie auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt agieren, so dass die beanstandete Wettbewerbshandlung das andere Unternehmen in seinem Absatz stören kann. Kunden, die sich für die Nutzung eines von der Beklagten vermittelten Internetzugangs entscheiden, verzichten zugleich auf entsprechende Angebote der Klägerin und anderer Provider.
Die Richter führten weiter aus, dass sich das Verhalten der Beklagten unter Abwägung aller betroffenen Individual- und Allgemeininteressen als wettbewerbsrechtlich unlauter darstelle. In erster Instanz hatten sich die Beklagten noch auf rein idealistische Motive berufen, bestritten in der Berufung aber ihre Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr. Ihr Geschäftsmodell ist geeignet und darauf angelegt, die Klägerin in ihrem von legitimen Absatzinteressen getragenen Vertriebskonzept zu behindern, das darin besteht, DSL-Internetzugänge nicht gegen eine nutzungsabhängige Vergütung, sondern gegen ein vom tatsächlichen Nutzungsumfang unabhängiges pauschales Entgelt (Flatrate) anzubieten. Den Flatrate-Angeboten liegt dabei die unternehmerische Erwartung zu Grunde, dass Privatkunden ihren Internetzugang nicht rund um die Uhr in gleich bleibendem Umfang nutzen, sondern typischerweise nur für begrenzte Zeitabschnitte unter Übertragung begrenzter Datenmengen, wobei ein intensiveres Nutzungsverhalten einzelner Anschlussinhaber durch das Verhalten der Nutzer ausgeglichen wird, die nur gelegentlich im Internet surfen.
Indem die Beklagten bei Flatrate-Kunden dafür werben, ihre im Rahmen der Flatrate selbst nicht benötigten Nutzungskapazitäten zwecks weiterer kommerzieller Auswertung zur Verfügung zu stellen, stören sie dieses wirtschaftlich naheliegende, am Verhalten durchschnittlicher Internetnutzer orientierte Konzept. Die Beklagten machen der Klägerin auf unfaire Weise Konkurrenz, indem sie sich für ihr Geschäftsmodell der kostenfreien Teilhabe an DSL-Internetzugängen bedienen, welche die Klägerin ihren Kunden gegen ein erkennbar anders kalkuliertes Entgelt zur Verfügung stellt. Statt mit eigenen technischen oder organisatorischen Leistungen auf der Vorleistung eines Dritten aufzubauen, um sie marktkonform fortzuentwickeln, nutzen sie eine von der Klägerin unter anderen Voraussetzungen geschaffene Infrastruktur "schmarotzend" aus, um sich mit einem eigenen kommerziellen Angebot am Markt zu etablieren.
Eine Gefährdung des Wettbewerbs droht jedenfalls außer durch den "schmarotzenden" Zugriff auf die von Mitbewerbern mit eigenen erheblichen Kosten eingerichteten Internetzugänge auch deshalb, weil das Geschäftsmodell der Beklagten, sollte es sich am Markt weiter durchsetzen, das derzeit noch vorhandene und nicht zuletzt auch aus Verbrauchersicht erhaltenswerte Angebot von Flatrate-Tarifen für den Internetzugang grundsätzlich in Frage stellt. Das Geschäftsmodell würde zu einer fast ununterbrochenen und vollständigen Ausnutzung der von den Providern ihren Privatkunden auf Flatrate-Basis eingeräumten Bandbreiten führen, woraufhin auf Dauer kein Provider mehr einen Internetzugang zu den bisherigen Pauschaltarifen anbieten könnte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2009
Quelle: ra-online (we)