21.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil05.06.2009

Geschäftliche Weiter­ver­mietung von Internet-Flatrate ist rechtswidrigOberlan­des­gericht Köln (OLG) untersagt kommerziellem "Internet-Sharing"-Portal, seinen Mitgliedern die Nutzung von Inter­net­zu­gängen weiterer Mitglieder zu ermöglichen

In zweiter Instanz entschied das OLG Köln über die Klage des Inter­net­pro­viders "1&1" gegen das britische Unternehmen "Fon" und ihre deutsche Tochter­ge­sell­schaft und gaben der Klägerin Recht. Sie bestätigten das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Köln und befanden, dass die Beklagten das Geschäftsmodell der Klägerin "schmarotzend" ausgenutzt habe.

Das beklagte Unternehmen und seine deutsche Tochter­ge­sell­schaft werben Kunden, indem sie anbieten, sich als registriertes Mitglied einer Gemeinschaft von Internetnutzern anzuschließen und in diesem Rahmen ihre Breitband-Internetzugänge mit anderen Mitgliedern zu teilen. Zu diesem Zweck stellen sie Mitgliedern mit eigenem, von der Klägerin oder anderen Providern zur Verfügung gestelltem Internetzugang einen WLAN-Router nebst Software zur Verfügung, über den sie ihren Internetzugang rund um die Uhr für die Nutzung durch andere, von der Beklagten vermittelte Nutzer öffnen. Das Landgericht Köln hat daraufhin die Beklagten in erster Instanz antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt sowie ihre Schaden­s­er­satz­pflicht festgestellt. Das OLG Köln bestätigte das Urteil in der Berufungs­instanz.

Wettbe­wer­bs­widriges Geschäftsmodell - Unter­las­sungs­an­spruch

Die Richter bestätigten den in erster Instanz ausgesprochenen wettbe­wer­bs­recht­lichen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten. Deren angegriffenes Geschäftsmodell werteten die Richter insgesamt als wettbewerbswidrig, weil es bei Abwägung aller Umstände unlauter und geeignet ist, die Interessen der Klägerin als Mitbewerberin, aber auch anderer Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Die Parteien stehen in einem konkreten Wettbe­wer­bs­ver­hältnis, da sie auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt agieren, so dass die beanstandete Wettbe­wer­bs­handlung das andere Unternehmen in seinem Absatz stören kann. Kunden, die sich für die Nutzung eines von der Beklagten vermittelten Internetzugangs entscheiden, verzichten zugleich auf entsprechende Angebote der Klägerin und anderer Provider.

Unlauteres Verhalten der Beklagten

Die Richter führten weiter aus, dass sich das Verhalten der Beklagten unter Abwägung aller betroffenen Individual- und Allge­mein­in­teressen als wettbe­wer­bs­rechtlich unlauter darstelle. In erster Instanz hatten sich die Beklagten noch auf rein idealistische Motive berufen, bestritten in der Berufung aber ihre Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr. Ihr Geschäftsmodell ist geeignet und darauf angelegt, die Klägerin in ihrem von legitimen Absat­z­in­teressen getragenen Vertrie­bs­konzept zu behindern, das darin besteht, DSL-Internetzugänge nicht gegen eine nutzungs­ab­hängige Vergütung, sondern gegen ein vom tatsächlichen Nutzungsumfang unabhängiges pauschales Entgelt (Flatrate) anzubieten. Den Flatrate-Angeboten liegt dabei die unter­neh­me­rische Erwartung zu Grunde, dass Privatkunden ihren Internetzugang nicht rund um die Uhr in gleich bleibendem Umfang nutzen, sondern typischerweise nur für begrenzte Zeitabschnitte unter Übertragung begrenzter Datenmengen, wobei ein intensiveres Nutzungs­ver­halten einzelner Anschluss­inhaber durch das Verhalten der Nutzer ausgeglichen wird, die nur gelegentlich im Internet surfen.

Störung des Geschäfts­modells der Klägerin - Konkurrenz auf unfaire Weise

Indem die Beklagten bei Flatrate-Kunden dafür werben, ihre im Rahmen der Flatrate selbst nicht benötigten Nutzungs­ka­pa­zitäten zwecks weiterer kommerzieller Auswertung zur Verfügung zu stellen, stören sie dieses wirtschaftlich naheliegende, am Verhalten durch­schnitt­licher Internetnutzer orientierte Konzept. Die Beklagten machen der Klägerin auf unfaire Weise Konkurrenz, indem sie sich für ihr Geschäftsmodell der kostenfreien Teilhabe an DSL-Inter­net­zu­gängen bedienen, welche die Klägerin ihren Kunden gegen ein erkennbar anders kalkuliertes Entgelt zur Verfügung stellt. Statt mit eigenen technischen oder organi­sa­to­rischen Leistungen auf der Vorleistung eines Dritten aufzubauen, um sie marktkonform fortzu­ent­wickeln, nutzen sie eine von der Klägerin unter anderen Voraussetzungen geschaffene Infrastruktur "schmarotzend" aus, um sich mit einem eigenen kommerziellen Angebot am Markt zu etablieren.

Geschäftsmodell der Beklagten stellt Flatrate-Tarife grundsätzlich in Frage

Eine Gefährdung des Wettbewerbs droht jedenfalls außer durch den "schmarotzenden" Zugriff auf die von Mitbewerbern mit eigenen erheblichen Kosten eingerichteten Internetzugänge auch deshalb, weil das Geschäftsmodell der Beklagten, sollte es sich am Markt weiter durchsetzen, das derzeit noch vorhandene und nicht zuletzt auch aus Verbrau­chersicht erhaltenswerte Angebot von Flatrate-Tarifen für den Internetzugang grundsätzlich in Frage stellt. Das Geschäftsmodell würde zu einer fast ununter­bro­chenen und vollständigen Ausnutzung der von den Providern ihren Privatkunden auf Flatrate-Basis eingeräumten Bandbreiten führen, woraufhin auf Dauer kein Provider mehr einen Internetzugang zu den bisherigen Pauschaltarifen anbieten könnte.

Quelle: ra-online (we)

der Leitsatz

Die Beklagten werden verurteilt, es [...] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Internetnutzern im Rahmen der Mitgliedschaft an einer Inter­net­ge­mein­schaft die Nutzung von Breitband-Inter­net­zu­gängen Dritter, die ebenfalls als Mitglied an der Inter­net­ge­mein­schaft beteiligt sind, zu ermöglichen, soweit die betreffenden Breitband-Internetzugänge von der Klägerin den Dritten als ihren Privatkunden gegen ein vom tatsächlichen Umfang der Nutzung unabhängiges pauschales Entgelt zur Verfügung gestellt werden (Flatrate), insbesondere wenn die Beklagten von Mitgliedern der Inter­net­ge­mein­schaft für die Nutzung der Breitband-Internetzugänge Entgelte erheben und/oder erhalten.

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