18.10.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil30.03.2012

OLG Köln: Telefonanruf von Meinungs­for­schungs­in­stitut ohne Einwilligung des Angerufenen wegen werbenden Charakters unzulässigWerbender Charakter durch Befragung zur Kunden­zu­frie­denheit

Hat der Telefonanruf eines Meinungs­for­schungs­in­stituts werbenden Charakter und liegt keine Einwilligung zu dem Anruf vor, so ist er unzulässig (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Der werbende Charakter kann sich aus der Befragung zur Kunden­zu­frie­denheit ergeben. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Köln hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall ließ eine Kfz-Werkstatt, die auf die Reparatur und den Austausch von Glasscheiben spezialisiert war, im Anschluss eines Auftrags von einem Markt­for­schungs­in­stitut Kunden anrufen und befragen. Die Kunden wurden zu ihrer Zufriedenheit und Akzeptanz mit der Leistungen der Kfz-Werkstatt befragt. Eine Verbrau­cher­zentrale sah darin eine unzumutbare Belästigung der Verbraucher im Sinne von § 7 UWG und mahnte das Meinungs­for­schungs­in­stitut ab. Zudem forderte sie das Institut dazu auf, solche Anrufe zukünftig zu unterlassen. Das Institut trat diesem Begehren entgegen. Seiner Meinung nach, habe kein Verstoß gegen § 7 UWG vorgelegen, da die Umfrage weder eine geschäftliche Handlung noch eine Werbung dargestellt habe.

Anspruch auf Unterlassung bestand

Das Oberlan­des­gericht Köln gab der Verbrau­cher­zentrale recht. Dieser habe der Anspruch auf Unterlassung zugestanden (§ 8 UWG). Denn das Meinungs­for­schungs­in­stitut habe durch die Anrufe unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne von § 7 UWG vorgenommen.

Meinungs­um­fragen sind nicht zwangsläufig geschäftliche Handlung

Das Gericht verkannte nicht, dass nicht jede Meinungsumfrage eine geschäftliche Handlung ist. Insbesondere dann nicht, wenn sie von unabhängiger dritter Seite etwa zu wissen­schaft­lichen oder Forschungs­zwecken durchgeführt werden. Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen.

Befragung zur Kunden­zu­frie­denheit stellte geschäftliche Handlung dar

Die vom Meinungs­for­schungs­in­stitut durchgeführte Befragung zur Kunden­zu­frie­denheit habe aus Sicht der Richter eine geschäftliche Handlung dargestellt. Zu berücksichtigen sei gewesen, dass die Umfrage ausschließlich im Interesse der Werkstatt durchgeführt wurde. Sie habe darauf gezielt Informationen über die Zufriedenheit des Kunden mit der Abwicklung eines konkreten Auftrags zu erlangen. Die auf dieser Grundlage gewonnenen Erkenntnisse sollten dabei helfen etwaige Schwächen in der Vertrags­ab­wicklung zu erkennen und abzustellen sowie die Serviceleistung gegenüber den Kunden zu verbessern, die Absatzchancen zu erhöhen und somit die Marktposition der Werkstatt zu stärken.

Umfrage war als Werbung zu werten

Die Umfrage sei darüber hinaus nach Auffassung des Gerichts als Werbung zu werten gewesen. Denn durch die nachträgliche Befragung zur Kunden­zu­frie­denheit sei der Eindruck entstanden, dass die Werkstatt sich weiter um die Kunden bemühe. Dabei sei auch zu beachten gewesen, dass ein zufriedener Kunde sich durch die Umfrage habe veranlasst fühlen können, die Werkstatt weiter zu empfehlen.

Einwilligung zum Anruf lag nicht vor

Weiterhin habe es an der erforderlichen ausdrücklichen Einwilligung zum Anruf gefehlt (§ 7 Abs.2 Nr. 2 UWG), so das Oberlan­des­gericht. In der bloßen Überlassung einer Handynummer "für alle Fälle" sei jedenfalls keine Einwilligung zu sehen.

§ 7 UWG nicht europa­rechts­widrig

Außerdem hielten die Richter dieVorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht für europa­rechts­widrig. Zwar habe die der Vorschrift zu Grunde liegende Richtlinie das Vorliegen von "hartnäckigen", also wiederholten", Anrufen gefordert. Während die Vorschrift des § 7 UWG dies nicht voraussetze und daher jeden unerwünschten Anruf erfasst. Der Bundes­ge­richtshof habe dies aber für zulässig erachtet (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2011 - I ZR 164/09).

Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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