Im zugrunde liegenden Fall wollte eine Fußgängerin an einem Tag im Dezember 2012 gegen 18 Uhr eine Landstraße überqueren. Da sie die Geschwindigkeit und Entfernung eines herannahenden Fahrzeugs sowie ihre Geschwindigkeit beim Überqueren der Fahrbahn nicht richtig einschätzte, kam es zu einem Zusammenstoß. Angesichts dessen, dass bei der Fußgängerin eine Blutalkoholkonzentration von 1,92 Promille festgestellt wurde, weigerte sich die Versicherung nachfolgend für die Unfallfolgen einzustehen. Denn ihrer Meinung nach habe die alkoholbedingte Bewusstseinsstörung den Unfall mitverursacht. Die Fußgängerin erhob daraufhin Klage.
Das Landgericht Aachen wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Fußgängerin zum Unfallzeitpunkt an einer alkoholbedingten, für den Unfall mitursächlichen Bewusstseinsstörung litt. Der Versicherungsschutz sei daher entfallen. Gegen diese Entscheidung legte die Fußgängerin Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Köln bestätigte das erstinstanzliche Urteil und wies die Berufung der Fußgängerin zurück. Die Fußgängerin habe an einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung gelitten, die zur Leistungsfreiheit der Versicherung führte. Es führte weiter aus, dass eine leistungsausschließende Bewusstseinsstörung vorliege, wenn ein Fußgänger bei einem Unfall im Straßenverkehr absolut fahruntüchtig war. Dies werde bei einem Promillewert von etwa 2, angenommen. Unterhalb dieser Grenze setze eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung voraus, dass entweder alkoholtypische Ausfallerscheinungen vorliegen oder das festgestellte verkehrswidrige Verhalten typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei der Unfall durch ein Fehlverhalten der Fußgängerin mitverursacht worden, das typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist. Im Hinblick auf das grob verkehrswidrige Verhalten der Fußgängerin und der an 2, Promille heranreichenden Blutalkoholkonzentration sei von einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung auszugehen gewesen. Denn die typische Wirkung von Alkohol sei, dass Geschwindigkeit und Entfernung nicht mehr richtig eingeschätzt werden können.
Das Oberlandesgericht hielt es zudem für nicht richtig, dass diese Fehleinschätzung in der konkreten Situation auch einem nüchternen Verkehrsteilnehmer hätte unterlaufen können. Denn ein nüchterner Fußgänger hätte, wenn ihm die Einschätzung der Geschwindigkeit und Entfernung Schwierigkeiten bereitet hätte, von einem Überqueren der Straße abgesehen und das herannahende Fahrzeug passieren lassen. Daher sei der Umstand, dass die Fußgängerin die Fahrbahn überquerte, nicht nur auf die falsche Einschätzung der Verkehrssituation zurückzuführen gewesen, sondern auch auf das fehlende Bewusstsein für die Gefahr durch das herannahende Fahrzeug. Dies sei typische Folge des Alkoholgenusses.
Stehe fest, so das Oberlandesgericht weiter, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt unter einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung litt, spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Bewusstseinsstörung für den Unfall mitursächlich war. Dieser Anscheinsbeweis könne nur dann entkräftet werden, wenn konkrete Tatsachen die naheliegende Möglichkeit ergeben, dass auch ein Nüchterner eine solche Gefahrenlage bei Aufwendung der üblichen Aufmerksamkeit und Sorgfalt nicht gemeistert hätte. Ein Nüchterner hätte jedoch den Unfall dadurch vermieden, dass er nicht versucht hätte, unmittelbar vor einen herannahendem Fahrzeug die Straße zu überqueren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.10.2013
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)