15.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil06.11.2012

Jörg Kachelmann obsiegt im Rechtsstreit gegen ehemalige LebensgefährtinÄußerungen ehemaliger Lebensgefährtin sind als Verletzung des Persön­lich­keits­rechts Kachelmanns einzustufen

Das Oberlan­des­gericht Köln hat der Klage Jörg Kachelmanns gegen seine ehemalige Lebensgefährtin auf Unterlassung verschiedener Äußerungen, welche diese nach Abschluss des gegen den Kläger geführten Strafverfahrens in einem Zeitungs­in­terview getätigt hatte, stattgegeben.

Im zugrunde liegenden Streitfall nahm der Kläger Jörg Kachelmann seine ehemalige Lebensgefährtin auf Unterlassung verschiedener Äußerungen in Anspruch, welche diese nach Abschluss des gegen den Kläger geführten Strafverfahrens in einem Zeitungs­in­terview getätigt hatte.

Hintergrund

Aufgrund einer Strafanzeige der Beklagten war gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körper­ver­letzung geführt worden. Das Verfahren endete am 31. Mai 2011 mit einem Freispruch; das Urteil ist seit dem 7. Oktober 2011 rechtskräftig.

Beklagte gibt Zeitschrift Interview über den Fall aus ihrer Sicht

Etwa zwei Wochen nach dem freisprechenden Urteil gewährte die Beklagte einer Zeitschrift ein Interview, das am 16. Juni 2011 veröffentlicht wurde. Hierin hatte sie u.a. geäußert: "Wer mich und ihn kennt, zweifelt keine Sekunde daran, dass ich mir diesen Wahnsinn nicht ausgedacht habe" und "Diese Herren erklären vor Gericht, die Tat könne sich nicht so abgespielt haben, wie es die Nebenklägerin, also ich, behauptet – und man selbst sitzt zu Hause, liest das und weiß genau: Es war aber so!". Außerdem habe sie der Kläger mit dem Tode bedroht, falls sie etwas erzähle.

Beklagte beruft sich auf Recht zur freien Meinung­s­äu­ßerung

Nach Ansicht des Klägers verletzten ihn diese und weitere, ähnlich gelagerte Äußerungen in dem Interview in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht. Die Beklagte dagegen berief sich auf das Recht zur freien Meinung­s­äu­ßerung. Zwar sei der Kläger freigesprochen worden, jedoch habe das Gericht nicht seine Unschuld festgestellt, so dass sie weiterhin zur Darstellung ihrer Sicht der Dinge berechtigt sei. Zudem stehe ihr das Recht zum „Gegenschlag“ zu, nachdem sie vom Kläger in dessen öffentlichen Äußerungen angegriffen und u.a. als rachsüchtig bezeichnet worden sei.

LG gibt Klage Kachelmanns statt

Das Landgericht hatte der Klage auf Unterlassung der weiteren Verbreitung der beanstandeten Äußerungen stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten, die jedoch vom Oberlan­des­gericht Köln zurückgewiesen wurde.

Äußerungen der Beklagten greifen in unzulässiger Weise in Persön­lich­keitsrecht des Klägers ein

Ebenso wie das Landgericht Köln hat der auf Presserecht spezialisierte 15. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts die Äußerungen als Verletzung des Persön­lich­keits­rechts des Klägers eingestuft. Die Äußerungen der Beklagten seien teils als Tatsa­chen­be­haup­tungen, teils als Meinung­s­äu­ße­rungen mit Tatsachenkern einzustufen. Da weder die Wahrheit noch die Unwahrheit der behaupteten Tatsachen feststehe, sei bei der Prüfung der Frage, ob die Äußerungen unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen zulässig seien, zwar die Wahrheit der behaupteten Tatsachen zu unterstellen. Auch danach griffen die Äußerungen bei der gebotenen Abwägung der beiderseitigen Interessen aber in unzulässiger Weise in das Persön­lich­keitsrecht des Klägers ein.

Äußerungen gehen über eine Selbst­ver­tei­digung hinaus

Zwar sei die Beklagte, die nach dem Freispruch ihrerseits unter dem Verdacht stehe, den Kläger falsch verdächtigt zu haben, berechtigt, ihre Sicht der Dinge darzustellen, zumal die Öffentlichkeit großen Anteil an dem Strafverfahren gegen den Kläger genommen habe. Die angegriffenen Äußerungen gingen jedoch in ihrer konkreten Form über eine solche Selbst­ver­tei­digung hinaus. Es könne nicht unberück­sichtigt bleiben, dass der Kläger freigesprochen worden sei und daher als unschuldig zu gelten habe. Die Beklagte habe ihre Äußerungen detaillierter und emotionaler gefasst, als es unter dem Gesichtspunkt der Darstellung des eigenen Standpunktes erforderlich gewesen sei. Auch stehe der Beklagten kein so weitgehendes Recht auf einen „Gegenschlag“ gegen die Angriffe des Klägers auf ihre Person zu. Sofern sie die Äußerungen des Klägers zu ihrer Person als unangemessen empfunden habe, stehe ihr ebenso wie diesem der Rechtsweg offen. Das „Recht zum Gegenschlag“ sei vor allem für den politischen Meinungskampf entwickelt worden und könne im vorliegenden Fall die angegriffenen konkreten Aussagen nicht rechtfertigen. Dabei sei vor allem der Gefahr einer Selbstjustiz Rechnung zu tragen, die in einem Rechtsstaat grundsätzlich unzulässig sei und auch wegen der damit verbundene Gefahr der Eskalation durch wechselseitige Verletzungen zu unterbinden sei.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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