23.11.2024
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Dokument-Nr. 5215

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Urteil27.11.2007Oberlandesgericht Köln15 U 142/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR-RR 2008, 26Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2008, Seite: 26
  • MMR 2008, 101Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2008, Seite: 101
  • NJW-RR 2008, 203Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2008, Seite: 203
  • ZUM 2008, 238Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2008, Seite: 238
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil27.11.2007

Öffentliche Lehrerbenotung im Internet ist zulässigWerturteile sind durch Grundrecht auf Meinung­s­äu­ßerung gedeckt

Das Oberlan­des­gericht Köln hat entschieden, dass die Benotung von Lehrern im Internet auch künftig erlaubt ist. Der 15. Zivilsenat wies die Berufung einer Gymna­si­a­l­lehrerin aus Neukirchen-Vluyn zurück, die den Kölner Betreibern des Internetforums "Spickmich.de" per einstweiliger Verfügung verbieten lassen wollte, sie betreffende Daten und Benotungen auf der genannten Internetseite zu veröffentlichen.

Auf "Spickmich.de" können Schüler ihre Lehrer zu verschiedenen Kategorien benoten, etwa zu "fachlich kompetent," "gut vorbereitet," "faire Noten" etc, aber auch zu "cool und witzig," "menschlich" oder "beliebt." Die klagende Lehrerin hatte im Gesamtergebnis die Note 4,3 erhalten, worauf sie eine einstweilige Verfügung gegen die Veröf­fent­lichung ihres Namens und der von ihr unterrichteten Fächer beantragte.

Wie schon die Richter der ersten Instanz sah auch der 15. Zivilsenat die Benotung von Lehrern letztlich vom Grundrecht auf freie Meinung­s­äu­ßerung als gedeckt an. Sämtliche Bewer­tungs­kri­terien des Schülerportals spickmich.de stellten Werturteile dar, so dass das Forum prinzipiell dem Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungs­freiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes unterfalle, wobei das Grundrecht aber nicht schrankenlos gelte und seine Grenze in den allgemeinen Gesetzen und im Recht der persönliche Ehre finde. Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung zwischen der Meinungs­freiheit und den Persön­lich­keits­rechten der Lehrerin ergebe sich im Ergebnis kein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Gymna­si­a­l­lehrerin. Soweit es um berufsbezogene Kriterien wie "guter Unterricht", "fachlich kompetent" etc. gehe, sei die Lehrerin nicht in ihrem Erschei­nungsbild oder ihrer allgemeinen Persönlichkeit betroffen, sondern allein in der konkreten Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Eine beleidigende Schmähkritik sei damit nicht verbunden, auch unter Berück­sich­tigung der Namensnennung werde die Lehrperson durch die Schüler­be­wertung nicht an den Pranger gestellt. Dabei sei im Rahmen der einzel­fa­ll­be­zogenen Abwägung auch zu berücksichtigen, dass eine Bewertung unter den genannten Kriterien durchaus der Orientierung von Schülern und Eltern dienen und zu einer wünschenswerten Kommunikation, Interaktion und erhöhten Transparenz führen könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass auf "spickmich.de" gerade kein "uneingeschränkt öffentliches" Bewerten der Lehrerinnen und Lehrer stattfinde und kein allgemeiner Zugang zu diesen Bewertungen gegeben sei. Die Namen der Lehrer würden lediglich unter den einzelnen Schulen aufgeführt, die im Wesentlichen von interessierten Schülern oder Eltern eingegeben und aufgesucht werden dürften. Auch die mehr perso­nen­be­zogenen Bewer­tungs­mög­lich­keiten "cool und witzig", "menschlich", "beliebt" und "vorbildliches Auftreten" seien weder als Angriff auf die Menschenwürde noch als Schmähung einzustufen. Im Vordergrund stehe nicht eine Diffamierung oder Herabsetzung der Person als Ziel der Äußerung, sondern die Bewertung von Eigenschaften, die sich jedenfalls auch im schulischen Wirkungskreis spiegeln. Dabei sei bei der Diktion und Formulierung der Kriterien auch auf den Sprachgebrauch von Schülern und Jugendlichen abzustellen, so dass auch die Bewertung zum Merkmal "cool", dem der Begriff "peinlich" gegen­über­ge­stellt wird, die Grenze zur Schmähung oder Diffamierung nicht überschreite. Ob dies auch für die Bewertung zwischen den Kriterien "sexy" bis "hässlich" gelte, hat der Senat offen gelassen, weil diese zwischen­zeitlich aus dem Bewertungsmodul entfernt worden sind und dementsprechend nicht mehr Gegenstand des Verfahrens waren. Auch die Anonymität der Bewertung mache diese nicht unzulässig, wie der Senat weiter meint; sie sei dem Medium des Internets immanent. Auch Meinungen, die lediglich unter einer E-Mail-Adresse oder auch anonym im Internet abgegeben werden, genössen den Schutz der Meinungs­freiheit. Im Übrigen erfolgten auch Evaluationen etwa im Hochschul­bereich regelmäßig nicht unter voller namentlicher Nennung der Studenten, auch um einer gewissen Furcht vor möglichen Sanktionen Rechnung tragen zu können. Die Gefahr von Manipulationen der Internetseite sah der Senat letztlich als gering an.

Ein weiteres Rechtsmittel gegen das Urteil, das im einstweiligen Verfü­gungs­ver­fahren ergangen ist, ist nicht gegeben. Der Streit zwischen den Parteien geht allerdings im sog. Haupt­sa­che­ver­fahren weiter. Die Lehrerin hat bereits eine entsprechende Unter­las­sungsklage beim Landgericht Köln eingereicht, über die Anfang des kommenden Jahres verhandelt werden soll.

Quelle: ra-online, OLG Köln

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