18.10.2024
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Dokument-Nr. 28876

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss04.12.2019

Architekt nicht zur Vertretung in Widerspruchs­verfahren befugtVertretung in Widerspruchs­verfahren eines Architekten stellt unerlaubte Rechtsdiens­tleistung dar

Außer­ge­richtliche Rechtsdiens­tleistungen dürfen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erbracht werden, wenn sie als Nebenleistung zum jeweiligen Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören (§ 5 Rechtsdiens­tleis­tungs­gesetz). Eine Nebenleistung in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn ein Architekt den Wider­spruchs­führer im Widerspruchs­verfahren vertritt. Entscheidend ist insoweit, dass die Vertretung im Widerspruchs­verfahren eine rechtliche Prüfung des konkreten Sachverhaltes erforderlich macht, die über eine rein schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht. Das hat das Oberlan­des­ge­richts Koblenz entschieden und damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Koblenz bestätigt.

Den Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte ist Architektin. Sie war und ist weder als Rechtsanwältin zugelassen noch wurde ihr auf sonstige Art und Weise das Recht eingeräumt, außergerichtlich Rechts­dienst­leis­tungen zu erbringen. Im Jahre 2015 hatte die Beklagte für die Eigentümer eines Grundstücks eine Bauvoranfrage gestellt, die negativ beschieden wurde. Gegen diesen Bescheid hatte sie sodann namens der Grund­s­tücks­ei­gentümer Widerspruch eingelegt und diese im Widerspruchsverfahren vertreten. Unter anderem diese Tätigkeit im Wider­spruchs­ver­fahren hatte die Klägerin, eine berufs­s­tän­dische Organisation der Rechts­an­walt­schaft, zum Anlass genommen, die Beklagte wegen unerlaubter Rechts­dienst­leistung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.

LG: Vertretung im Wider­spruchs­ver­fahren stellt keine Nebenleistung dar

Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Berufung ein und machte geltend, dass die beanstandete Rechts­dienst­leistung eine zu ihrem Berufs- und Tätig­keits­gebiet gehörende Nebenleistung und daher nach § 5 Rechts­dienst­leis­tungs­gesetz erlaubt sei. Dieser Einschätzung ist der Senat nicht gefolgt und hat entschieden: Eine erlaubte Nebenleistung nach § 5 Rechts­dienst­leis­tungs­gesetz liege dann nicht mehr vor, wenn die Tätigkeit eine Rechtsprüfung erforderlich mache, die über eine rein schematische Rechtsanwendung hinausgehe. So verhalte es sich hier. Die Vertretung im Wider­spruchs­ver­fahren habe die Prüfung individueller, einzel­fa­ll­be­zogener Ansprüche erforderlich gemacht und sei daher nicht mehr als Nebenleistung eines Architekten zu qualifizieren.

Rechtsberatung nur auf fachliche und organi­sa­to­rische Unterstützung des Bauherrn beschränkt

Das Berufsbild des Architekten umfasse die fachliche, technische Begleitung und beschränke sich im Bereich der Rechtsberatung auf eine fachliche und organi­sa­to­rische Unterstützung des Bauherrn. Eine Vertretung im Wider­spruchs­ver­fahren gehe hierüber deutlich hinaus, weil dies nicht nur die Kenntnis bautechnischer und baurechtlicher Vorschriften voraussetze, sondern auch das übrige öffentliche Recht und das - auf das Wider­spruchs­ver­fahren in weiten Teilen entsprechend anwendbare - Verwal­tungs­pro­zessrecht beherrscht werden müsse.

Keine Verletzung der Berufs­aus­übungs­freiheit

Der Architekt werde durch diese Begrenzung seiner Tätigkeit auch nicht in seiner Berufs­aus­übungs­freiheit verletzt (Art. 12 Abs. 1 GG). Zum einen sei allenfalls der Randbereich der Berufsausübung berührt. Zum anderen sei die Einschränkung seines Tätig­keits­feldes zum Schutz des Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqua­li­fi­zierten Rechts­dienst­leis­tungen hinreichend gerechtfertigt.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

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