15.11.2024
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Dokument-Nr. 9635

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Oberlandesgericht Koblenz Urteil31.03.2010

OLG Koblenz: Rheinland-Pfalz zur Zahlung von Zusatz­leis­tungen eines Bauunternehmers verpflichtetBauunternehmen hat Anspruch auf zusätzliche Vergü­tungs­pflicht für Bauleistungen, die über die vereinbarte Leistungs­be­schreibung hinausgehen

Das Land Rheinland-Pfalz ist zur Zahlung einer Mehrvergütung in Höhe von vier Millionen Euro für erbrachte Zusatz­leis­tungen eines Bauunternehmens bei Baumaßnahmen an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz verpflichtet. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Im zugrunde liegenden Fall hatte das beklagte Land im Jahre 1996 eine Baumaßnahme für die Erstellung eines Neubaus des Fachbereichs Chemie an der Mainzer Hochschule unter Beifügung einer umfangreichen Leistungs­be­schreibung ausgeschrieben und dabei auf eine schlüs­sel­fertige Errichtung hingewiesen. Die Klägerin, ein bundesweit tätiges Bauunternehmen, gab ein Angebot ab. Nach zwei Aufklä­rungs­ge­sprächen erteilte das Land der Klägerin den Auftrag zur schlüs­sel­fertigen Herstellung des Neubaus zu einem Pauschalpreis von mehr als 40 Millionen Euro. Während der Bauarbeiten meldete die Klägerin im Hinblick auf beabsichtigte Änderungen in der Bauausführung Mehrkosten an und erbrachte im Einverständnis mit dem beklagten Land entsprechende Bauleistungen. Die Klägerin stellte eine Vielzahl von Rechnungs­nach­trägen für verschiedene Arbeiten an der Fassade. Das Land verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf das Vorliegen eines Pauscha­l­ver­trages.

Bauunternehmen verlangt über die Pauschalsumme hinaus gehende Vergütung für erbrachte Zusatz­leis­tungen

Die Klägerin hat das Land Rheinland-Pfalz vor dem Landgericht Mainz auf Zahlung von 4.660.641,91 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen, ihr stehe aufgrund einer von der Baubeschreibung abweichenden Bauausführung eine über die Pauschalsumme hinaus gehende Vergütung für erbrachte Zusatz­leis­tungen zu. Insbesondere die von Seiten des Landes als Bauherren verlangte Änderung der Aufhängung der Glasfassade habe Mehrkosten von mehr als 1,6 Millionen Euro (zuzüglich Umsatzsteuer) verursacht.

Land sieht in Pauschalpreis alle erforderlichen Leistungen abgegolten

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen und hat vorgetragen, der geforderten Vergütung stehe die Vereinbarung einer schlüs­sel­fertigen Errichtung zu einem Pauschalpreis entgegen. Die erbrachten Leistungen gehörten bereits zu dem allgemeinen Leistungsziel, was sich aus der Natur des abgeschlossenen (Pauschal-) Vertrages ergebe. Aufgrund einer lediglich funktionalen Ausschreibung und des sich daraus ergebenden Spielraumes habe die Festlegung der konkreten Bauausführung der Klägerin oblegen. Darüber hinaus habe man sich im Rahmen der geführten Aufklä­rungs­ge­spräche zur Vermeidung eines Kostenrisikos für das Land ausdrücklich darüber geeinigt, dass der Pauschalpreis alle zu einer funkti­o­ns­tüchtigen Herstellung des Gebäudes erforderlichen Leistungen erfassen sollte.

Das Landgericht Mainz hat der Klägerin eine Vergütung in Höhe von 1.152.689,17 Euro zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

OLG verurteilt Land zur Zahlung von über 4 Millionen Euro

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlan­des­gericht Koblenz nach einer umfassenden Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen und Anhörung eines Sachver­ständigen das erstin­sta­nzliche Urteil abgeändert und das Land zur Zahlung von 4.003.608,82 Euro nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten hat das Oberlan­des­gericht zurückgewiesen.

Vorliegen einer detaillierten Leistungs­be­schreibung lässt Erweiterung des Abgel­tungs­umfangs der vereinbarten Pauschalsumme nicht zu

Da Gericht führte aus, dass das beklagte Land zur Zahlung einer zusätzlichen Vergütung verpflichtet sei. Auszugehen sei zunächst von einer Unabän­der­lichkeit des einmal vereinbarten Pauschalpreises. Die Berechtigung einer Preisanpassung bei geänderten oder zusätzlichen Leistungen des Bauunternehmers hänge vom Inhalt der gesamten Vertrags­un­terlagen ab. Aus diesen ergebe sich, dass von Seiten des Landes detaillierte Vorgaben gemacht worden seien und damit der Umfang der geschuldeten Leistungen näher festgelegt und gerade nicht pauschaliert worden sei. Daraus folge eine zusätzliche Vergü­tungs­pflicht für Bauleistungen, die in der Leistungs­be­schreibung nicht enthalten oder die in einer höheren Qualität ausgeführt worden seien. Die Forderung des Bauherren nach einer schlüs­sel­fertigen Errichtung sei nicht geeignet, bei Vorliegen einer detaillierten Leistungs­be­schreibung den Abgel­tungs­umfang der vereinbarten Pauschalsumme zu erweitern. Schließlich sei es dem Land nicht gelungen, eine ausdrückliche mündliche Absprache zu der Reichweite des Pauschalpreises nachzuweisen. Allerdings könne der Bauunternehmer bei offenkundigen Mängeln der Baubeschreibung keine zusätzliche Vergütung verlangen, soweit die ausgeführten Leistungen offensichtlich und schon im Rahmen der Kalkulation erkennbar zur Herstellung des Bauwerks erforderlich gewesen seien. Dies sei hier jedoch nur hinsichtlich einiger Rechnungsposten der Fall.

Deshalb hat der sachverständig beratene Senat das beklagte Land überwiegend zur Zahlung verurteilt.

Quelle: ra-online, OLG Koblenz

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