03.12.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil25.11.2008

Oberlan­des­gericht Karlsruhe stärkt Rechte des Autokäufers bei MängelnAutohändler hat Sachmangel durch vorbehaltlose Nachbesserung anerkannt

Den Nachweis, dass ein Sachmangel bereits bei Übergabe eines Pkws vorhanden ist, braucht der Käufer nicht zu führen, wenn der Verkäufer durch vorbehaltlose kostenlose Mangel­be­sei­ti­gungs­versuche das Vorhandensein eines zur gesetzlichen Nacherfüllung verpflichtenden, also eines anfänglichen Mangels anerkannt hat. Er kann dann im Nachhinein gegenüber dem Käufer nicht mehr mit Erfolg in Abrede stellen, dass der Fehler bei Übergabe vorhanden war. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

Der Kläger kaufte bei dem beklagten Autohändler im Oktober 2004 einen Pkw für insgesamt 82.935 Euro. In den anerkannten Verkaufs­be­din­gungen heißt es unter anderem: Zeigt sich innerhalb von einem Jahr ab Auslieferung ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Auslieferung mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Mangels nicht vereinbar. Beschränkt auf die Geltendmachung von Mängel­be­sei­ti­gungs­ansprüchen gilt diese Vermutung auch dann, wenn sich ein Sachmangel erstmals nach Ablauf eines Jahres, aber vor Ablauf von zwei Jahren nach Auslieferung zeigt.

Sachmangel muss nach dem Gesetz schon bei Übergabe der Sache vorhanden sein

Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB setzt die Geltendmachung von Gewähr­leis­tungs­ansprüchen regelmäßig voraus, dass ein Sachmangel bereits bei Übergabe vorliegt. Die Limousine wurde dem Kläger Mitte Februar 2005 übergeben. Ab April oder Mai 2006 traten Fehler an der sogenannten "Softclose-Funktion" auf. Die jeweils betroffene Tür konnte nicht vollständig geschlossen, sondern nur angelehnt werden und musste bei einer gleichwohl durchgeführten Fahrt festgehalten werden, um ein Aufspringen zu verhindern. Der Kläger rügte diesen Mangel mehrfach gegenüber der Beklagten, die jeweils dem Mangel­be­sei­ti­gungs­ver­langen nachkam, indem sie vor allem am 16.05. und 26.05.2006 kostenlose Repara­tu­r­a­r­beiten ausführte und den Pkw jeweils als instandgesetzt zurück gab. Da die Mangel­be­sei­tigung misslang, erklärte der Kläger im Juni 2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Kläger begehrt Rückabwicklung des Vertrages, nämlich Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Wertersatzes in Höhe der gezogenen Nutzungen. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Landgericht wies die Klage ab

Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Nachweis, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden gewesen sei, nicht habe führen können.

OLG gibt dem Käufer recht

Die Berufung des Klägers zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe hatte Erfolg. Der Kläger kann Rückabwicklung des Kaufvertrages in Form von Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Zahlung eines Wertersatzes für die Nutzung des Fahrzeuges in Höhe von ca. 25.000 Euro verlangen. Der Pkw war mit einem nicht unerheblichen Sachmangel behaftet. Dieser Mangel lag zum Rücktritt­s­zeitpunkt noch vor. Den ihm obliegenden Nachweis, dass dieser Sachmangel bereits bei Übergabe des Pkw vorhanden war, brauchte der Kläger nicht zu führen, weil die Beklagte durch vorbehaltlose kostenlose Mangel­be­sei­ti­gungs­versuche das Vorhandensein eines zur gesetzlichen Nacherfüllung verpflichtenden, also eines anfänglichen Mangels anerkannt hat. Sie kann daher im Nachhinein gegenüber dem Kläger nicht mehr mit Erfolg in Abrede stellen, dass der Fehler bei Übergabe vorhanden war.

OLG-Richter: Vermu­tungs­re­gelung in den Geschäfts­be­din­gungen ist hier unbeachtlich

Auf die in den Geschäfts­be­din­gungen genannte Vermu­tungs­re­gelung kommt es nicht an, sie greift nämlich nur ein, wenn bei der Geltendmachung des Nacher­fül­lungs­ver­langens Streit darüber besteht, ob ein anfänglicher Mangel vorliegt oder nicht. Das war hier aber nicht der Fall. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten aus der Sicht des Klägers das Vorhandensein eines anfänglichen Mangels anerkannt. Maßgeblich bei der Frage, ob ein solches Anerkenntnis vorliegt, ist, ob der Verkäufer, aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nacherfüllung verpflichtet zu sein. Hier liegt ein Anerkenntnis der Beklagten vor. Sie hat auf die Mängelrügen des Klägers jeweils einen "Garan­tie­re­pa­ra­tu­r­auftrag" gefertigt und für den Kläger kostenlose, nicht unerhebliche Repara­tu­r­a­r­beiten durchgeführt. Sie ist vorbehaltlos in die Erfüllung der ihr obliegenden Nacher­fül­lungs­pflicht eingetreten. So hat sie zuletzt die Türschlösser der beiden Vordertüren ausgebaut, kontrolliert und wieder eingebaut, die Batterie geprüft und durch eine neue ersetzt. Dass die Beklagte selbst im Bewusstsein ihrer Nacher­fül­lungs­pflicht handelte, zeigt sich auch dadurch, dass sie jeweils gegenüber der Herstellerin des Fahrzeugs die Mangel­be­sei­ti­gungs­a­r­beiten in Rechnung gestellt hat. Die Vermu­tungs­re­gelung steht dem nicht entgegen. Diese Bestimmung soll den Käufer im Vergleich zur gesetzlichen Regelung besser, nicht aber schlechter stellen, wenn es um den erforderlichen Nachweis geht, ob ein tatsächlicher Sachmangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war. Haben sich die Vertrags­parteien, wie hier, auf die Mängelrüge hin, ohne Einschränkung auf die Durchführung von Mangel­be­sei­ti­gungs­a­r­beiten verständigt, so ist dem Käufer das gesamte Gewähr­leis­tungs­programm eröffnet, ohne dass er den Nachweis führen muss, dass der Mangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 02.12.2008

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