Die DocMorris N.V., eine europaweit tätige Versandapotheke, betrieb im Zeitraum vom 19. April 2017 bis 14. Juni 2017 in Hüffenhardt (Neckar-Odenwald Kreis) eine pharmazeutische Videoberatung mit Arzneimittelabgabe, einen sogenannten "Apothekenautomaten". Das Landgericht Mosbach hatte sowohl DocMorris als auch der Mieterin der Räumlichkeiten den Betrieb des Apothekenautomaten in Hüffenhardt untersagt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe wies nunmehr in vier Verfahren die Berufungen gegen Urteile des Landgerichts Mosbach zurück und bestätigte die Untersagung des Betriebs eines Apothekenautomaten, wie er in Hüffenhardt eingerichtet war.
Die von den Berufungen vertretene Ansicht, es handele sich bei der Verbringung der Arzneimittel von einer niederländischen Apotheke zum Lager in Hüffenhardt um einen erlaubten "antizipierten" Versandhandel, wies das Oberlandesgericht zurück. Das Gericht führte aus, dass es keinen "Versand an den Endverbraucher von einer Apotheke" (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 a AMG) darstellt, wenn die Arzneimittel zunächst ohne konkrete Bestellung in Hüffenhardt gelagert und dann auf Kundenwunsch abgegeben werden. Ein Versandhandel setzt eine Bestellung des Endverbrauchers zeitlich vor der Bereitstellung, Verpackung und Absendung des Arzneimittels voraus.
Ebenso hat das Oberlandesgericht die Verurteilung zur Unterlassung des Verstoßes gegen Prüf- und Dokumentationspflichten bei der Bearbeitung von Rezepten und der Abgabe der Arzneimittel an Endverbraucher bestätigt. Die per Video erfolgenden Kontrollen und die erst nach Verbringung der Rezepte in die Niederlande vorgenommenen Vermerke genügen nach Ansicht des Gerichts nicht den Vorschriften der deutschen Apothekenbetriebsordnung. So sei laut Gericht unter anderem nicht gewährleistet, dass etwaige Änderungen auf der Verschreibung unmittelbar bei Abgabe des Arzneimittels vermerkt werden.
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn [...]
[...] im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union [...] entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird [...]
[...] Enthält eine Verschreibung einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum, ist sie nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist. Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.05.2019
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online (pm/kg)