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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil06.11.2009

Verstoß gegen die Anschna­ll­pflicht – Bei Unfall trifft Fahrerin keine MitschuldMithaftung tritt bei schwerwiegenden Unfallschuld des Unfallgegners zurück

Ist ein Autofahrer bei einem nicht durch ihn selbst verschuldeten Unfall nicht angeschnallt, trägt er dennoch keine Mithaftung. Bei einer außerordentlich schwerwiegenden Unfallschuld des Unfallgegners tritt die grundsätzliche Mithaftung zurück. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Im zugrunde liegenden Fall waren eine Autofahrerin und ihre beiden Beifahrer bei einem Verkehrsunfall mit einem entge­gen­kom­menden Fahrzeug schwer verletzt worden; ihr Ehemann sogar so schwer, dass er kurz darauf verstarb. Während des Unfalls war die Fahrerin nicht angeschnallt. Unstrittig ist die Tatsache, dass der Unfallgegner den Zusammenstoß verursacht hatte: Er war innerorts mit einer Geschwindigkeit von ca. 90 km/h gefahren. Auf regennasser Fahrbahn hatte er die Gewalt über sein Fahrzeug verloren, war auf die Gegenfahrbahn geraten und dort mit dem entge­gen­kom­menden Fahrzeug zusam­men­ge­stoßen. Die Frau war nach mehrmonatigem Krankenhaus- und Rehabilitations-Aufenthalt auf fremde Hilfe angewiesen und hat seit dem Unfall schwere körperliche und seelische Belastungen und Einschränkungen hinzunehmen.

Versicherung fodert Mithaftung wegen Verstoß gegen Anschna­ll­pflicht

Mit ihrer Klage machte die Frau restliche Ersatzansprüche geltend und forderte neben 40.000,- Euro Schmerzensgeld auch die Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe sowie Schadensersatz für alle materiellen Schäden. Wesentlicher Streitpunkt zwischen Klägerin und der beklagten Versicherung des Unfallgegners war die Mithaf­tungsquote der nicht angeschnallten Klägerin. Die Versicherung hatte wegen des Verstoßes gegen die Anschna­ll­pflicht eine Mithaftung der Fahrerin von einem Drittel gefordert. Sie habe den Sicherheitsgurt nicht angelegt, da sie aufgrund ihres Übergewichts Schwierigkeiten beim Anschnallen habe, argumentierte die Klägerin.

Klägerin hätten bei angelegtem Gurt möglicherweise tödliche Bauch­ver­let­zungen gedroht

Den Einwand der beklagten Versicherung, sie hätte durch das Anschnallen einen Großteil der Verletzungen vermeiden können, wiesen die Richter zurück: Laut Sachver­ständigen hätten der Klägerin bei angelegtem Gurt ähnlich schwere Verletzungen mit möglicherweise tödlichen Bauch­ver­let­zungen gedroht. Rein rechtlich gesehen, habe die Klägerin zwar gegen die Anschna­ll­pflicht verstoßen, gegenüber der außerordentlich schwer wiegenden Unfallschuld des Unfallgegners trete die grundsätzliche Mithaftung jedoch zurück, so das Urteil der Richter. Die beklagte Versicherung habe daher die Schäden der Klägerin in vollem Umfang zu ersetzen.

Quelle: ra-online, Verkehrsanwälte

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