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- MDR 2013, 930Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 930
- VersR 2014, 351Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2014, Seite: 351
- zfs 2015, 269Zeitschrift für Schadenrecht (zfs), Jahrgang: 2015, Seite: 269
- Landgericht Baden-Baden, Beschluss21.06.2013, 4 O 58/12
- Unterlassene Benachrichtigung einer Prozesspartei hinsichtlich Durchführung eines Ortstermins durch Sachverständigen begründet dessen BefangenheitOberlandesgericht Hamm, Beschluss07.05.2015, 32 W 7/15
- Tippen mit dem Zeigefinger an die Schläfe kann Sachverständigen aufgrund grob fahrlässiger Herbeiführung seiner Ablehnung wegen Befangenheit die Vergütung kostenOberlandesgericht Stuttgart, Beschluss30.07.2014, 8 W 388/13
- Einseitiger Internetauftritt eines Sachverständigen kann Besorgnis der Befangenheit begründenOberlandesgericht Koblenz, Beschluss24.01.2013, 4 W 645/12
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss10.07.2013
Keine Befangenheit des Sachverständigen bei Ankündigung einer Unterlassungsklage wegen Bezeichnung als Lobbyist der Tabakindustrie durch eine ParteiErfolgsaussicht der Unterlassungsklage unerheblich
Wird ein Sachverständiger während einer öffentlichen Gerichtsverhandlung von einer Partei ohne Bezug zum Gegenstand des Gutachtens als Lobbyist der Tabakindustrie bezeichnet, darf er eine Unterlassungsklage ankündigen, ohne dass dies die Besorgnis der Befangenheit begründet. Auf die Erfolgsaussicht der Unterlassungsklage kommt es dabei nicht an. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein Sachverständiger im März 2013 während einer öffentlichen Gerichtsverhandlung am Landgericht Baden-Baden vom Kläger als Lobbyist der Tabakindustrie bezeichnet. Die Aussage stand dabei nicht im Bezug zum Gegenstand des Gutachtens. Der Sachverständige kündigte daraufhin rechtliche Schritte an, sollte weiterhin behauptet werden, er sei Lobbyist der Tabakindustrie. Der Kläger lehnte den Sachverständigen aufgrund dieser Bemerkung wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er hielt die Ankündigung des Sachverständigen für so aggressiv, dass ein berechtigtes Misstrauen an seine Unparteilichkeit entstehe.
Landgericht lehnte Ablehnungsantrag ab
Das Landgericht Baden-Baden lehnte den Ablehnungsantrag ab. Angesichts der herabwürdigenden Äußerung des Klägers sei es nicht zu beanstanden gewesen, dass sich der Sachverständige rechtliche Schritte vorbehielt. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Beschwerde ein.
Oberlandesgericht verneint ebenfalls Besorgnis der Befangenheit
Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Beschwerde des Klägers zurück. Zwar könne die Ankündigung eines Sachverständigen, gegen eine Partei bei Aufrechterhaltung einer bestimmten Äußerung klageweise vorgehen zu wollen, grundsätzlich geeignet sein, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Denn in diesem Fall sei zu befürchten, dass der Sachverständige nicht neutral gegenüber der Partei sei und diese vielmehr als Gegner begreife. Dies gelte aber dann nicht, wenn die Partei zu der Ankündigung des Sachverständigen durch sein Verhalten Anlass gegeben habe. So habe der Fall hier gelegen.
Keine Befangenheit des Sachverständigen bei Ankündigung einer Unterlassungsklage wegen Bezeichnung als Lobbyist der Tabakindustrie
Wird ein Sachverständiger während einer öffentlichen Gerichtsverhandlung von einer Partei ohne Bezug zum Gegenstand des Gutachtens als Lobbyist der Tabakindustrie bezeichnet und damit seine Reputation herabgesetzt, so das Oberlandesgericht, dürfe er sich rechtliche Schritte vorbehalten, ohne dass dies die Besorgnis der Befangenheit begründe. Dabei spiele es keine Rolle, ob eine Klage erfolgreich wäre. Denn die Neutralitätspflicht des Sachverständigen gebiete es nicht, auf eine rechtliche Klärung der Zulässigkeit der Äußerung und einen entsprechenden Vorbehalt zu verzichten. Eine Partei, die einen Sachverständigen scharf und nicht auf den Gegenstand des Gutachtens bezogen kritisiert, müsse es hinnehmen, dass dieser rechtliche Schritte ankündigt, um sich zur Wehr zu setzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.03.2017
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)
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