18.10.2024
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Sie sehen eine abgedunkelte Fassade von mehreren Hochhäusern, auf der ein Schutzschild leuchtet.

Dokument-Nr. 19305

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil20.09.2011

Keine Leistungs­kürzung aufgrund verspäteter Stehlgutliste bei unterlassenem Hinweis auf entsprechende Obliegenheit des Versicherungs­nehmersVersicherung muss auf Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste gemäß § 28 Abs. 4 VVG hinweisen

Obliegt es einem Versi­che­rungs­nehmer nach den Bedingungen zu einer Hausrat­ver­si­cherung unverzüglich eine Stehlgutliste der Polizei vorzulegen und kommt er dieser Obliegenheit grob fahrlässig nicht nach, so kann die Versicherung ihre Leistung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG kürzen. Dies gilt aber dann nicht, wenn sie es unterlassen hat den Versi­che­rungs­nehmer auf die Obliegenheit gemäß § 28 Abs. 4 VVG hinzuweisen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Urlaubsrückkehr im März 2010 stellten die Eigentümer eines Hauses fest, dass eingebrochen wurde. Sie beanspruchten daraufhin ihre Hausratversicherung. Diese kürzte jedoch ihre Leistung und führte als Begründung an, dass die Versi­che­rungs­nehmer entgegen ihrer aus den Versi­che­rungs­be­din­gungen ergebenden Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Hausrat­ver­si­cherung erst im Mai 2010 der Polizei eine Stehlgutliste überreichte. Die Versi­che­rungs­nehmer wendeten dagegen ein, dass die Aufstellung der gestohlenen Gegenstände mühselig und zeitaufwendig gewesen sei. Zudem sei ihnen relativ schnell von der Polizei mitgeteilt worden, dass das Verfahren eingestellt wurde. Eine besondere Eilbe­dürf­tigkeit bezüglich der Stehlgutliste haben sie daher nicht mehr erkennen könne. Hinzu sei gekommen, dass sie beruflich stark eingebunden waren und einen weiteren schon lange gebuchten Urlaub antreten wollten. Darüber hinaus habe sie niemand auf die Wichtigkeit einer schnellen Stehlgutliste hingewiesen. Die Versi­che­rungs­nehmer erhoben daher Klage auf Zahlung weiterer Leistungen.

Landgericht wies Klage auf Zahlung weiterer Versi­che­rungs­leis­tungen ab

Das Landgericht Heidelberg wies die Klage auf Zahlung von weiteren Versi­che­rungs­leis­tungen ab. Die Hausrat­ver­si­cherung habe zu Recht ihre Leistung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG kürzen dürfen. Denn die Versi­che­rungs­nehmer haben ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste grob fahrlässig verletzt. Eine besondere Hinweispflicht habe nicht bestanden. Gegen diese Entscheidung legten die Versi­che­rungs­nehmer Berufung ein.

Oberlan­des­gericht verneinte Recht zur Leistungs­kürzung

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschied zu Gunsten der Versi­che­rungs­nehmer und hob daher die erstin­sta­nzliche Entscheidung auf. Den Versi­che­rungs­nehmern habe ein Anspruch auf weitere Versi­che­rungs­leis­tungen zugestanden. Denn die Hausrat­ver­si­cherung habe ihre Leistung nicht kürzen dürfen.

Fehlender Hinweis auf Obliegenheit

Eine Leistungskürzung sei zum einen deshalb unzulässig gewesen, so das Oberlan­des­gericht, weil die Hausrat­ver­si­cherung entgegen von § 28 Abs. 4 VVG nicht auf die Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste hingewiesen hatte.

Kein Vorwurf der groben Fahrlässigkeit

Zum anderen haben die Versi­che­rungs­nehmer nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts nicht grob fahrlässig ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste verletzt. Auch aus diesem Grund sei eine Leistungs­kürzung unzulässig gewesen. Zu Gunsten der Versi­che­rungs­nehmer sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Polizei eine möglichst genaue Liste aller gestohlenen Gegenstände haben wollte. Die Erstellung einer solchen Liste sei aber zeitaufwendig. Zudem haben die Versi­che­rungs­nehmer angesichts der schnellen Einstellung des Verfahrens davon ausgehen dürfen, dass eine besondere Eilbe­dürf­tigkeit nicht bestand. Hinzu seien die starke berufliche Belastung sowie der Antritt des bereits festgebuchten Urlaubs gekommen. Alles zusam­men­ge­nommen habe nur den Vorwurf einer leichten Fahrlässigkeit gerechtfertigt.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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