Dokument-Nr. 19305
Permalink https://urteile.news/
- MDR 2011, 1355Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 1355
- VersR 2011, 1560Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2011, Seite: 1560
- Landgericht Heidelberg, Urteil10.03.2011, 2 O 318/10
- Stehlgutliste ist unverzüglich nach einem Einbruch der Polizei vorzulegenOberlandesgericht Nürnberg, Urteil26.01.2010, 8 U 1635/09
- Verspätete Vorlage einer Stehlgutliste stellt Obliegenheitsverletzung dar und berechtigt Versicherung zur LeistungskürzungOberlandesgericht Köln, Urteil15.10.2013, 9 U 69/13
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil20.09.2011
Keine Leistungskürzung aufgrund verspäteter Stehlgutliste bei unterlassenem Hinweis auf entsprechende Obliegenheit des VersicherungsnehmersVersicherung muss auf Obliegenheit der unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste gemäß § 28 Abs. 4 VVG hinweisen
Obliegt es einem Versicherungsnehmer nach den Bedingungen zu einer Hausratversicherung unverzüglich eine Stehlgutliste der Polizei vorzulegen und kommt er dieser Obliegenheit grob fahrlässig nicht nach, so kann die Versicherung ihre Leistung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG kürzen. Dies gilt aber dann nicht, wenn sie es unterlassen hat den Versicherungsnehmer auf die Obliegenheit gemäß § 28 Abs. 4 VVG hinzuweisen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einer Urlaubsrückkehr im März 2010 stellten die Eigentümer eines Hauses fest, dass eingebrochen wurde. Sie beanspruchten daraufhin ihre Hausratversicherung. Diese kürzte jedoch ihre Leistung und führte als Begründung an, dass die Versicherungsnehmer entgegen ihrer aus den Versicherungsbedingungen ergebenden Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Hausratversicherung erst im Mai 2010 der Polizei eine Stehlgutliste überreichte. Die Versicherungsnehmer wendeten dagegen ein, dass die Aufstellung der gestohlenen Gegenstände mühselig und zeitaufwendig gewesen sei. Zudem sei ihnen relativ schnell von der Polizei mitgeteilt worden, dass das Verfahren eingestellt wurde. Eine besondere Eilbedürftigkeit bezüglich der Stehlgutliste haben sie daher nicht mehr erkennen könne. Hinzu sei gekommen, dass sie beruflich stark eingebunden waren und einen weiteren schon lange gebuchten Urlaub antreten wollten. Darüber hinaus habe sie niemand auf die Wichtigkeit einer schnellen Stehlgutliste hingewiesen. Die Versicherungsnehmer erhoben daher Klage auf Zahlung weiterer Leistungen.
Landgericht wies Klage auf Zahlung weiterer Versicherungsleistungen ab
Das Landgericht Heidelberg wies die Klage auf Zahlung von weiteren Versicherungsleistungen ab. Die Hausratversicherung habe zu Recht ihre Leistung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG kürzen dürfen. Denn die Versicherungsnehmer haben ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste grob fahrlässig verletzt. Eine besondere Hinweispflicht habe nicht bestanden. Gegen diese Entscheidung legten die Versicherungsnehmer Berufung ein.
Oberlandesgericht verneinte Recht zur Leistungskürzung
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zu Gunsten der Versicherungsnehmer und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Den Versicherungsnehmern habe ein Anspruch auf weitere Versicherungsleistungen zugestanden. Denn die Hausratversicherung habe ihre Leistung nicht kürzen dürfen.
Fehlender Hinweis auf Obliegenheit
Eine Leistungskürzung sei zum einen deshalb unzulässig gewesen, so das Oberlandesgericht, weil die Hausratversicherung entgegen von § 28 Abs. 4 VVG nicht auf die Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste hingewiesen hatte.
Kein Vorwurf der groben Fahrlässigkeit
Zum anderen haben die Versicherungsnehmer nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht grob fahrlässig ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage der Stehlgutliste verletzt. Auch aus diesem Grund sei eine Leistungskürzung unzulässig gewesen. Zu Gunsten der Versicherungsnehmer sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Polizei eine möglichst genaue Liste aller gestohlenen Gegenstände haben wollte. Die Erstellung einer solchen Liste sei aber zeitaufwendig. Zudem haben die Versicherungsnehmer angesichts der schnellen Einstellung des Verfahrens davon ausgehen dürfen, dass eine besondere Eilbedürftigkeit nicht bestand. Hinzu seien die starke berufliche Belastung sowie der Antritt des bereits festgebuchten Urlaubs gekommen. Alles zusammengenommen habe nur den Vorwurf einer leichten Fahrlässigkeit gerechtfertigt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.12.2014
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil19305
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.