24.11.2024
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Dokument-Nr. 16190

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil07.05.2013

Private Zahn­zusatz­versicherung: Versi­che­rungs­schutz entfällt sofern erste zahnmedizinisch notwendige Heilbehandlung bereits vor Vertragsbeginn erfolgteHeilbehandlung beginnt mit erster Inanspruchnahme der ärztlichen Tätigkeit

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat entschieden, dass der Versi­che­rungs­schutz einer Zahn­zusatz­versicherung nicht vor Abschluss des Versicherungs­vertrages und vor Ablauf der Wartezeit beginnt. Hat eine zahnärztliche Behandlung bereits begonnen und der Patient schließt aufgrund der Untersuchung eine Zusatz­ver­si­cherung ab, haftet die Versicherung nicht für Versi­che­rungsfälle, die bereits vor Beginn des Versicherungs­schutzes eingetreten sind. Für den "Beginn der Heilbehandlung" ist dabei der nicht der konkrete Auftrag des Patienten an den Arzt, sondern die behandlungs­bedürftige Krankheit und die erste medizinisch notwenige Heilbehandlung selbst entscheidend.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger im April 2009 seine Zahnärztin aufgesucht. Diese behandelte ihn nicht nur wegen eines akuten Eiterherdes im Oberkiefer, sondern überwies ihn Anfang Mai 2009 noch in eine oralchir­ur­gische Praxis zur Anfertigung eines Ortho­pan­to­mo­gramms und beriet ihn über Zahnersatz und Implantate. Zu diesem Zeitpunkt waren keine der vorhandenen Zähne mehr erhaltungsfähig. Danach schloss der Kläger mit der Beklagten die Zusatz­ver­si­cherung ab mit Vertragsbeginn Juli 2009 bei einer Wartezeit von acht Monaten. Im Frühjahr 2010 informierte die Zahnärztin den Kläger über die verschiedenen Möglichkeiten einer Prothe­sen­ver­sorgung und stellte eine medizinische Indikation für eine Implan­tat­ver­sorgung fest. Implantate wurden eingesetzt. Insgesamt sind Kosten in Höhe von über 25.000 Euro entstanden, die der Kläger entsprechend dem Versi­che­rungs­vertrag zur Hälfte ersetzt haben möchte.

Für "Beginn der Heilbehandlung" ist richtiger Bezugspunkt nicht konkreter Auftrag des Patienten entscheidend

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat das zusprechende Urteil des Landgerichts Mosbach aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Versi­che­rungs­schutz beginnt nicht vor Abschluss des Versi­che­rungs­ver­trages und vor Ablauf der Wartezeit. Damit haftet die Versicherung nicht für Versi­che­rungsfälle, die vor Beginn des Versi­che­rungs­schutzes und damit hier vor März 2010 eingetreten sind. Der Versi­che­rungsfall war hier jedoch bereits früher eingetreten. Versi­che­rungsfall ist die "medizinisch notwenige Heilbehandlung". Für den "Beginn der Heilbehandlung" ist der richtige Bezugspunkt nicht der konkrete Auftrag des Patienten an den Arzt, sondern die behand­lungs­be­dürftige Krankheit selbst. Heilbehandlung ist jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf die Heilung oder Linderung der Krankheit abzielt. Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen ärztlichen Tätigkeit, also schon mit der ersten ärztlichen Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige oder richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen wird. Zur Heilbehandlung gehört auch die Erstellung eines Heil- und Kostenplans. Der Versi­che­rungsfall endet erst dann, wenn nach objektiv medizinischem Befund keine Behand­lungs­be­dürf­tigkeit mehr besteht.

Zahnärztlichen Behandlungen zur Implan­tat­ver­sorgung war notwendige Fortsetzung der früheren Behandlung

Hier ist der Versi­che­rungsfall schon vor Eintritt des Versi­che­rungs­schutzes eingetreten. Mit der Entfernung des eitrigen Abszesses war die begonnene Heilbehandlung nicht abgeschlossen. Schon im Mai 2009 bestand ein paradontal zerstörtes Gebiss und die Entfernung aller verbliebenen Zähne war notwendig. Bereits bei der Entfernung des Abszesses lag über die akute Schmerz­be­handlung hinaus ein akuter Behand­lungs­bedarf vor, der auch der behandelnden Ärztin nicht entgangen sein dürfte. Nach den Feststellungen des Sachver­ständigen, den sich auch das Gericht angeschlossen hat, ist aus medizinischer Sicht die Eiter­ab­szess­be­handlung als chronisches Mitsymptom der schlechten Gebissstruktur zu werten und ist die Behandlung des krankhaften Gebisszustandes mit der Entfernung des Eiters nicht abgeschlossen, sondern nur unterbrochen gewesen. Die folgenden zahnärztlichen Behandlungen zur Implan­tat­ver­sorgung stellten sich damit als notwendige Fortsetzung der Behandlung des bereits im Mai 2009 behand­lungs­be­dürftigen Gebisses dar.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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