15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil27.01.2012

Land haftet für Autoschaden wegen übersehenen Baumstumpf auf ParkplatzAutofahrerin trägt aber erhebliches Mitverschulden an Unfall

Verwechselt ein Autofahrer auf einem Parkplatz wegen der großen Schneemenge eine Parklücke mit einer Grünfläche und entsteht bei dem Einfahren ein Schaden an dem Auto, aufgrund eines übersehenen Baumstumpfes, so haftet dafür das verkehrs­si­che­rungs­pflichtige Land. Dem Autofahrer ist aber ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall fuhr eine Autofahrerin im Februar 2010 auf einem öffentlichen Parkplatz in eine vermeintliche Parklücke hinein. Tatsächlich handelte es sich um eine schneebedeckte Grünfläche. Darauf befand sich ein Baumstumpf, über den die Autofahrerin fuhr. Dabei entstand ein erheblicher Schaden an dem Auto. Die Fahrerin übersah den Baumstumpf und verwechselte die Grünfläche mit einer Parkbucht aufgrund der geschlossenen Schneedecke. Zudem war es dunkel und es herrschte Nebel und Schneetreiben. Die Haftpflicht- und Vollkas­ko­ver­si­cherung der Autofahrerin beglich den Schaden und verlangte die Erstattung des Schadens vom Land Nordrhein-Westfalen. Das Landgericht Hagen gab der Klage mit der Begründung statt, dass das beklagte Land seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Es hätte notwendige Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Verkehrs­teil­nehmer treffen müssen. Gegen das Urteil legte das Land Berufung ein.

Anspruch auf Erstattung des Schadens bestand

Das Oberlan­des­gericht Hamm erkannte ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG an. Denn das Land habe die ihm obliegende Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt.

Siche­rungs­maß­nahmen fehlten

Das Land habe die öffentlichen Verkehrswege möglichst gefahrlos zu gestalten und sie in diesem Zustand zu erhalten, so das Oberlan­des­gericht weiter. Dabei müssen Straßen, Wege und Plätze nicht frei von allen möglichen Gefahren gehalten werden, da sich ein solcher Zustand mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln nicht erreichen lasse. Jeder Verkehrs­teil­nehmer müsse sich den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Flächen in dem Zustand hinnehmen, wie sie sich ihm darbieten. Siche­rungs­maß­nahmen seien daher nur dann zu treffen, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der erforderlichen Sorgfalt vom Verkehrs­teil­nehmer nicht rechtzeitig erkennbar sei und dieser sich auf die Gefah­ren­si­tuation nicht rechtzeitig einstellen könne. Eine solche Situation habe hier vorgelegen. Das Land hätte demnach Siche­rungs­maß­nahmen treffen müssen. Die Gefah­ren­si­tuation hätte zum Beispiel durch das Entfernen des Baumstumpfes oder der Versperrung der Einfahrt mittels eines einfachen Hindernisses beseitigt werden können.

Vorsor­ge­maß­nahmen auch bei ungünstigen Wahrneh­mungs­be­din­gungen

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts seien auch bei ungünstigen Wahrneh­mungs­be­din­gungen Vorsor­ge­maß­nahmen zu treffen. Hier haben solche widrigen Witte­rungs­be­din­gungen geherrscht. Es habe die Gefahr bestanden, dass ein ortsunkundiger Autofahrer die vermeintliche Parkbucht ansteuert und dabei den Baumstumpf übersieht oder nicht wahrnimmt.

Erhebliches Mitverschulden der Autofahrerin lag vor

Der Autofahrerin sei aber nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts ein Mitverschulden von 60 % an der Entstehung des Schadens anzulasten gewesen (§ 254 BGB). Denn die Gefah­ren­si­tuation hätte bei gehöriger und zumutbarer Aufmerksamkeit erkannt werden können und müssen. Außerdem hätte die Autofahrerin das Ausmaß des Schadens durch eine vorsichtigere Fahrweise vermeiden können. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass ein Ortsunkundiger bei Einfahrt auf eine unbekannte, hoch mit Schnee bedeckte und unberührte Schneefläche erhöhte Vorsicht walten lassen müsse. Die Situation hätte ein angepasstes und vorsichtiges Hereintasten in die vermeintliche Parkbucht erforderlich gemacht. Das Mitverschulden der Fahrerin sei der Versicherung zuzurechnen gewesen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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