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- Landgericht Bielefeld, Urteil12.04.2017, 4 O 21/15
Oberlandesgericht Hamm Urteil09.01.2018
Kunde hat nach Sturz in Fußbodenluke eines Bekleidungsgeschäfts Anspruch auf SchadensersatzGeöffnete Fußbodenluke stellt überraschende Gefahrenquelle dar
Eine während der Geschäftszeiten im Kundenbereich eines Bekleidungsgeschäfts geöffnete Fußbodenluke mit den Maßen 2,11 m x ,8 m stellt eine überraschende Gefahrenquelle dar, auf die sich ein Kunde nicht einstellen muss, so dass ihm bei einem Sturz in den Schacht unter der Luke 100 % Schadenersatz zustehen kann. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und änderte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld überwiegend ab.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das beklagte Modehaus aus Bielefeld wurde nach der Verletzung einer Kundin in seinen Geschäftsräumen von der klagenden Krankenkasse aus Dortmund - aus übergegangenem Recht - auf Ersatz aufgewandter Behandlungskosten in Anspruch genommen. Die seinerzeit 66 Jahre alte Kundin, Kassenmitglied der Klägerin, begab sich im März 2014 in das Modehaus, um einen Pullover für ihre Tochter zu erwerben. Im Gang zur Kasse befand sich ein Schacht im Boden mit den Maßen 2,11 m x ,8 m, der in den darunter gelegenen Bügelkeller führte. Dessen Abdeckung stand offen. Da die Kundin zur Seite sah, wo sich eine Verkäuferin mit dem Geschäftsinhaber unterhielt, übersah die Kundin die offene Luke und stürzte in den Schacht. Sie erlitt diverse Verletzungen an Schulter, Oberarm, Sprunggelenk und Fuß, unter anderem eine Oberarmfraktur und eine Fraktur des Innenknöchels.
Von der Klägerin unfallbedingt für ihr Kassenmitglied getragene Behandlungskosten in Höhe von ca. 21.000 Euro regulierte der Haftpflichtversicherer der Beklagten zur Hälfte. Die Parteien stritten weiter darüber, ob die Beklagte aufgrund eines der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens der Kundin eine weitergehende Kostenerstattung schuldet.
LG bejaht, OLG verneint Mitverschulden der Kundin
Während das Landgericht im erstinstanzlichen Urteil ein Mitverschulden der Kundin in Höhe von 30 % annahm, verurteilte das Oberlandesgericht Hamm das Modehaus dazu, 100 % des Schadens zu erstatten. Ein Mitverschulden der Kundin sei nicht feststellbar, so das Gericht. Der Unfall habe sich in einem Ladenlokal eignet, in welchem die Aufmerksamkeit der Kunden zielgerichtet durch die auf den Kleiderständern angebotenen Waren, Preisschilder und sonstige Hinweisschilder in Anspruch genommen und somit auch von anderen Dingen abgelenkt werde. In einem solchen Bekleidungsgeschäft müsse ein Kunde allenfalls mit herabgefallenen Kleidungsstücken rechnen, nicht jedoch mit einer während des Publikumsverkehrs geöffneten Bodenluke. Eine solche Luke sei eine so überraschende Gefahrenquelle, dass sie nur außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet werden dürfe. So werde im Geschäftslokal der Beklagten nach den Angaben ihres Geschäftsführers auch üblicherweise verfahren.
Mitverschulden der Kundin tritt hinter gravierende Verkehrssicherungspflichtverletzung des Modegeschäfts zurück
Ließen sich, wie im vorliegenden Fall, die Sichtverhältnisse der Kundin beim Annähern an den Schacht nicht mehr exakt rekonstruieren, sei die kurze Ablenkung der Kundin durch das rechts von ihr stattfindende Gespräch nicht als Mitverschulden zu bewerten. Jedenfalls trete ein etwaiges - geringes - Mitverschulden der Kundin hinter die gravierende Verkehrssicherungspflichtverletzung, die die Beklagte zu vertreten habe, zurück. Deswegen schulde die Beklagte 100 % Schadensersatz.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.05.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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