Oberlandesgericht Hamm Beschluss09.05.2017
LG Hamm zur Abgrenzung von Pflanzenschutz- und DüngemittelnZweckbestimmung des Produkts für Abgrenzung ausschlaggebend
Pflanzenschutz- oder Düngemittel? Die Abgrenzung ist für den Kaufmann wichtig: Während Düngemittel ohne weiteres gehandelt werden dürfen, bedarf der gewerbsmäßige Handel mit Pflanzenschutzmitteln eines Nachweises, dass der Händler über die Sachkunde zur bestimmungsgemäßen und sachgerechten Anwendung des Mittels verfügt. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der heute 61 Jahre alte Betroffene ist gewerblich tätig. Er betreibt einen sogenannten "Schnäppchen-Markt" im westlichen Münsterland. Der Markt bietet verschiedene Waren zu günstigen Einkaufsbedingungen an. Im Frühjahr 2015 veräußerte der Betroffene in seinem Geschäft das Produkt "Gekörnter Eisendünger". Das Produkt wurde als Rasendünger beworben und hatte einen Hinweis auf der Verpackung, dass das Präparat Eisen-II-Sulfat enthalte, welches bei Moosbefall helfe.
Das Produkt verfügt über keine Zulassung als Pflanzenschutzmittel nach der - das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln regelnden - EG-Verordnung Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009. Der Betroffene verfügt auch nicht über den nach dem Pflanzenschutzgesetz für den Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Sachkundenachweis. Den Vertrieb des Produktes zeigte der Betroffene der zuständigen Verwaltungsbehörde zudem nicht an.
Amtsgericht verhängt Bußgeld wegen Inverkehrbringens eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels
Diese Umstände begründeten nach Ansicht des Amtsgerichts drei tateinheitlich begangene Ordnungswidrigkeiten des Betroffenen nach dem Pflanzenschutzgesetz, nämlich das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittels, seinen Handel ohne erforderlichen Sachkundenachweis des Händlers und ohne die zuvor gebotene behördliche Anzeige. Das Amtsgericht verhängte gegen den Betroffenen deswegen eine Geldbuße in Höhe von 250 Euro.
OLG: Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel durch Amtsgericht nicht ausreichend erfolgt
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen die amtsgerichtliche Verurteilung war - vorläufig - erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die Feststellungen des Amtsgerichts seien nicht ausreichend, so das Gericht, um den Betroffenen wegen Verstoßes gegen das Pflanzenschutzgesetz zu verurteilen. Ihnen sei nicht zu entnehmen, ob es sich tatsächlich um ein Pflanzenschutzmittel handle. Es sei keine Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel erfolgt. In den Urteilsgründen werde nicht ausgeführt, welchem Verwendungszweck das beanstandete Präparat diene, in welchem Anteil in ihm Eisen-II-Sulfat enthalten und wie das Produkt chemisch zusammengesetzt sei.
Produkt ist grundsätzlich je nach Verwendungszweck entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Düngemittel einzuordnen
Zur Abgrenzung zwischen Pflanzenschutz- und Düngemittel weise das Oberlandesgericht vorsorglich darauf hin, dass ein Produkt grundsätzlich je nach Verwendungszweck entweder als Pflanzenschutzmittel oder als Düngemittel einzuordnen sei. Hiernach sei die ausgelobte Zweckbestimmung des Produkts für die Abgrenzung ausschlaggebend. Um eine Umgehung der anzuwendenden Norm des Pflanzenschutzgesetzes zu vermeiden, komme es neben der Zweckbestimmung zusätzlich noch auf die stoffliche Wirkung des Produkts an. Sofern ein Produkt aus zwei verschiedenen chemischen Wirkstoffen bestehe, von denen einer als Düngemittel und der andere als Pflanzenschutzmittel wirke, bedürfe das Produkt sowohl einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung als auch der Einhaltung der düngemittelrechtlichen Vorgaben. Sofern ein Produkt aus einem chemischen Wirkstoff bestehe, der sowohl als Pflanzenschutzmittel als auch als Düngemittel wirke, komme es auf die überwiegende Zweckbestimmung (Auslobung) des Produkts durch den Hersteller sowie die genaue stoffliche Zusammensetzung an.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.06.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online