18.10.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 23897

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Urteil07.07.2015Oberlandesgericht Hamburg7 U 29/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2015, 447Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2015, Seite: 447
  • GRUR-RR 2016, 45Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 45
  • K&R 2015, 668Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2015, Seite: 668
  • MMR 2015, 770Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2015, Seite: 770
  • NJW-RR 2016, 47Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 47
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Vorinstanz:
  • Landgericht Hamburg, Urteil30.03.2012, 324 O 9/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamburg Urteil07.07.2015

Pressearchiv muss Auffindbarkeit von älteren Presseartikeln über bloße Eingabe des Namens des Betroffenen über Suchmaschine verhindernVerletzung des allgemeinen Persönlich­keits­rechts durch weitere Auffindbarkeit des Betroffenen

Sind archivierte Presseartikel über ein Strafverfahren über die Eingabe des Namens des ehemals Beschuldigten in einer Internet-Suchmaschine auffindbar, so liegt eine Verletzung des allgemeinen Persönlich­keits­rechts vor. Der von der Auffindbarkeit betroffene ehemals Beschuldigte kann daher vom Archivbetreiber Unterlassung der Auffindbarkeit der Presseartikel mittels Namenssuche verlangen. Ihm steht aber kein Anspruch auf Löschung der Presseartikel zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Internet-Archiv einer Tageszeitung befanden sich mehrere Presseartikel aus den Jahren 2010 und 2011, die ein Strafverfahren zum Inhalt hatten. Einem PR-Berater wurde vorgeworfen einen in der Öffentlichkeit bekannten Politiker mittels anonymer Fax-Schreiben beleidigt und verleumdet zu haben. Das Strafverfahren wurde im März 2011 gegen eine Zahlung von 40.000 EUR endgültig eingestellt. Da die diesbezüglichen Presseartikel in dem Archiv der Tageszeitung durch die bloße Eingabe des Namens des PR-Beraters in einer Internet-Suchmaschine im Jahr 2012 weiter auffindbar waren, klagte er auf Löschung der archivierten Presseartikel. Der PR-Berater sah sich in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt.

Landgericht wies Klage auf Löschung der archivierten Presseartikel ab

Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab. Ein Anspruch auf Löschung der rechtmäßig verbreiteten Presseartikel habe nicht bestanden. Dies würde einen erheblichen Eingriff in die Berich­t­er­stat­tungs­freiheit darstellen. Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht des PR-Beraters habe dahinter zurückstehen müssen, da die Berich­t­er­stattung einen Gegenstand von im Zeitpunkt der Veröf­fent­lichung hohem öffentlichem Interesse betreffe, einen bloßen Verdacht zum Inhalt habe und der PR-Berater darin nicht als überführter Täter hingestellt werde. Gegen diese Entscheidung legte der PR-Berater Berufung ein.

Oberlan­des­gericht verneint ebenfalls Anspruch auf Löschung

Das Oberlan­des­gericht Hamburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz insoweit, dass ein Anspruch auf Löschung der archivierten Presseartikel nicht bestehe. Es folgte umfänglich der Argumentation des Landgerichts. Es bestehe ein öffentliches Interesse daran zu erfahren, in welcher Weise versucht wird, Personen zu schaden, die im Licht der Öffentlichkeit stehen, und welche Schritte unternommen werden, um solche Angriffe aufzuklären und ihre Urheber zu ermitteln. Da sich solche Vorgänge wiederholen können, bestehe auch ein länger andauerndes Interesse der Öffentlichkeit daran, über solche Geschehen informiert zu werden.

Anspruch auf Verhinderung der Auffindbarkeit über Namenssuche mittels Suchmaschinen

Der PR-Berater habe aber einen Anspruch darauf, so das Oberlan­des­gericht, dass die Verlegerin der Tageszeitung ihren Inter­ne­t­auftritt derart modifiziert, dass der in den Beiträgen enthaltene Name des PR-Beraters von Internet-Suchmaschinen nicht erfasst wird. Dadurch würde einerseits die Verletzung der Interessen des PR-Beraters durch die stete Gefahr einer Reaktu­a­li­sierung vergangener Vorgänge erheblich mildern und andererseits die berechtigten Interessen von Presse und historisch interessierten Kreisen nur geringfügig beeinträchtigen.

Keine ständige Überprü­fungs­pflicht von Archiv­be­treibern

Ein Archivbetreiber sei aber nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts nicht verpflichtet, die in dem Archiv gesammelten Beiträge vorab darauf zu überprüfen, ob Vorkehrungen zu treffen sind, um in ihnen vorkommene Namen von einer Auffindbarkeit durch Suchmaschinen auszunehmen. Eine solche Verpflichtung entstehe erst, wenn der Betreiber durch einen qualifizierten Hinweis des Betroffenen darauf aufmerksam gemacht wird, dass die fortdauernde Auffindbarkeit des Beitrags durch Namenssuche nunmehr sein allgemeines Persön­lich­keitsrecht verletzt und Vorkehrungen gegen diese Verletzung zu treffen sind.

Quelle: Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

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