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- Kein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen fehlerhaften PIP-BrustimplantatenOberlandesgericht Karlsruhe, Urteil27.06.2018, 7 U 96/17
- Schadensersatz wegen minderwertigen Silikonimplantaten: BGH erbittet Vorabentscheidung und Auslegung der Richtlinie über Medizinprodukte durch EuGHBundesgerichtshof, Beschluss09.04.2015, VII ZR 36/14
- Silikon-Brustimplantate: Keine Haftung des französischen Haftplichtversicherers gegenüber in Deutschland geschädigten PatientinnenOberlandesgericht Hamm, Beschluss19.06.2017, 3 U 30/17
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss11.09.2018
OLG Frankfurt am Main erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Einstandspflicht von Haftpflichtversicherern im Zusammenhang mit mangelhaften PIP-BrustimplantatenVersicherungsschutz bei PIP-Brustimplantaten möglicherweise diskriminierend
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bittet den EuGH um Klärung, ob das unionsrechtliche Verbot einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit nicht nur die EU-Mitgliedstaaten und die Unionsorgane, sondern auch Private bindet. Sollten auch Private dem Diskriminierungsverbot unterliegen, könne ein Haftpflichtversicherer seinen Deckungsschutz im Zusammenhang mit mangelhaften PIP-Brustimplantaten nicht wirksam auf Schadensfälle in Frankreich beschränken. Das Oberlandesgericht ist das erste Obergericht, welches im Zusammenhang mit der Frage der Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers der mangelhaften PIP-Brustimplantate den EuGH anruft. Andere deutsche Instanzgerichte haben entsprechende Klagen bislang - soweit ersichtlich - durchweg abgewiesen.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens nimmt die Beklagte auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Zusammenhang mit mangelhaften Brustimplantaten in Anspruch. Ihr waren im Jahr 2006 in Deutschland Brustimplantate eingesetzt worden. Diese Produkte der französischen Herstellerin PIP waren mit nicht zugelassenem Industriesilikon gefüllt. Die Herstellerin ist bei der Beklagten haftpflichtversichert. In den Versicherungsbedingungen heißt es u.a., dass Versicherungsschutz geographisch "ausschließlich für Schadensfälle, die im metropolitanen Frankreich und in den französischen Überseegebieten eintreten" gewährt werde. Zudem bestehen für sogenannte Serienschäden Deckungshöchstsummen pro Schadensfall und pro Versicherungsjahr.
LG weist Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz ab
Das Deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt seit 2012 die komplette Entfernung dieser Implantate. Die Klägerin ließ ihre Implantate entsprechend austauschen. Das Landgericht wies ihre Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz ab. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin diese Ansprüche weiter.
OLG erbittet Vorabentscheidung des EuGH
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main beschloss, vor der Entscheidung über die Berufung den EuGH anzurufen. Es fragt den EuGH, ob das Diskriminierungsverbot in Art. 18 Abs. 1 AEUV nicht nur die EU-Mitgliedstaaten und die Unionsorgane, sondern auch Private - wie hier die Beklagte - verpflichte.
Unmittelbare oder mittelbare Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit unzulässig
Das Oberlandesgericht geht dabei davon aus, dass auf den Rechtsstreit französisches Recht anwendbar sei, da die Herstellerin in Frankreich gehandelt habe. Fraglich sei, ob die hier einbezogenen Vertragsbedingungen hinsichtlich der Beschränkung des Deckungsschutzes auf Schadensfälle im Frankreich mit dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot des Art. 18 Abs. 1 AEUV vereinbar sei. Unmittelbare oder mittelbare Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit seien nach Art. 18 Abs. 1 AEUV verboten. Es liege auf der Hand, dass die geschilderte Beschränkung des Deckungsschutzes auf Schadensfälle, die im metropolitanen Frankreich und in den französischen Überseegebieten eintreten, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstelle, weil davon typischerweise nichtfranzösische Patientinnen betroffen sein, so das Oberlandesgericht.
Einhaltung des Diskriminierungsverbots für private Personen naheliegend
Ungeklärt sei jedoch, ob das Diskriminierungsverbot nicht nur von den EU-Mitgliedstaaten und den Unionsorgane, sondern auch von Privaten wie der Beklagten zu beachten sei. Der EuGH habe dies bislang nicht entschieden. Die bisherigen Urteile des EuGH legten es aus Sicht des Oberlandesgerichts aber nahe, dass auch private Personen das Diskriminierungsverbot einzuhalten haben. Sollte es sich um eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit handeln, bestünden aus Sicht des Oberlandesgerichts auch keine Rechtfertigungsgründe für dieses Verhalten. Entgegen der in der Rechtsprechung teilweise vertretenen Ansicht könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, mit der geographischen Einschränkung den Umfang ihrer Einstandspflicht und damit ihr wirtschaftliches Risiko in verständlicher Weise zu begrenzen. Diese Argumentation sei bereits deshalb nicht stichhaltig, da die Beklagte ihr wirtschaftliches Risiko durch Deckungshöchstsummen für den Einzelfall und pro Jahr klar eingegrenzt habe.
Erläuterungen:
Artikel 18 AEUV [Diskriminierungsverbot]
Erläuterungen
Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.09.2018
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online
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