21.11.2024
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Dokument-Nr. 32770

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss19.01.2023

Konzes­si­onsloses Wettbüro haftet nicht für verlorene Sport­wet­t­e­insätzeFehlende Konzession führt nicht zur Unwirksamkeit der Wettverträge

Wurde einem Wettbüro im Hinblick auf unions­rechtliche Bedenken gegen die Regelungen über die Erteilung von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten keine Konzession erteilt, obwohl es sich darum bemüht hat, kann das konzessionslos handelnde Wettbüro nicht sanktioniert werden. Schließt eine Privatperson mit einem solchen Wettbüro Sportwetten ab, sind diese nicht wegen Gesetzesverstoß nichtig. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit veröf­fent­lichter Entscheidung bestätigt, dass das Wettbüro in diesem Fall nicht zur Rückzahlung verlorener Wetteinsätze verpflichtet ist.

Der Kläger nimmt das beklagte Wettbüro auf Rückzahlung verlorener Sportwetten in Anspruch. Er hatte von 2018 bis 2020 in Wettbüros der Beklagten und über deren deutsch­sprachige Webseiten Sportwetten abgeschlossen. Die Onlinewetten tätigte er von zu Hause über sein Smartphone; seinen Einsätzen im Internet in Höhe von gut 40.000 € stehen Auszahlungen von knapp 5.000 € gegenüber. Die Beklagte verfügte in der streit­ge­gen­ständ­lichen Zeit nicht über eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie hatte zwar eine Konzession beantragt. Das VG Wiesbaden hatte die zuständige Behörde auch zur Erteilung verpflichtet. Das Verfahren war aber wegen unions­recht­licher Bedenken gestoppt worden. Zwischen­zeitlich verfügt die Beklagte über eine Konzession. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

Bestimmungen zur Konzes­si­ons­er­langung waren unions­rechts­widrig

Das OLG hielt die hiergegen eingelegte Berufung ebenfalls für erfolglos. Es bestätigte, dass der zwischen den Parteien geschlossene Wettvertrag nicht wegen eines Geset­zes­ver­stoßes des konzessionslos handelnden Wettbüros nichtig sei. Ein Mitgliedstaat dürfe keine straf­recht­lichen Sanktionen für ein Verhalten verhängen, mit dem der Betroffene verwal­tungs­recht­lichen Anforderungen nicht genüge, die gegen Unionsrecht verstießen. So sei es hier. Die damals geltenden Regelungen nach dem Glückss­piel­staats­vertrag 2012 zur Konzes­si­ons­er­teilung für die Veranstaltung von Sportwetten seien intransparent gewesen und hätten deshalb gegen Unionsrecht verstoßen. Im Hinblick auf die Unions­wid­rigkeit der damals geltenden Bestimmungen zur Konzes­si­ons­er­langung dürfte die Beklagte weder strafrechtlich noch verwal­tungs­rechtlich sanktioniert werden.

Wettverträge bleiben wirksam

Die fehlende Konzession wirke sich dann auch nicht auf die Wirksamkeit der Wettverträge mit dem Kläger aus. Dies gebiete der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Sei eine öffentlich-rechtliche Verbotsnorm (hier das Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession) im Ausnahmefall wegen Verstoßes gegen übergeordnetes Unionsrecht nicht wirksam, bleibe auch der privat­rechtliche Vertrag (hier zwischen dem Wettbüro und dem Kläger) wirksam. Dabei dürften sich allerdings nur solche Anbieter auf die Unions­wid­rigkeit berufen, die - wie hier das beklagte Wettbüro - alles unternommen hätten, um eine Sport­wet­ten­kon­zession zu erlangen. Insoweit habe das Landgericht entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht der Beklagten „indirekt jedes Glückss­pie­l­angebot ohne Grenzen zugesprochen“. Die Entscheidung übertrage allein die Folgen der der gerichtlich festgestellten Rechts­wid­rigkeit des damaligen Konzes­si­ons­ver­fahrens konsequent auf das Privatrecht. Der Kläger hat auf diesen Hinweis hin seine Berufung zurückgenommen. Damit ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtskräftig.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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