03.12.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 30455

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Urteil24.06.2021Oberlandesgericht Frankfurt am Main6 U 244/19
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil24.06.2021

ebay muss bei Verstößen gegen Produkt­sicherheits­vorschriften eigenständig Rechtsverstöße bereits auffällig gewordener Händler verhindernOLG Frankfurt am Main zur Vorsorge­verpflichtung für Rechts­ver­let­zungen auf Online-Handels­platt­formen

Der Betreiber eines Online-Marktplatzes muss nach dem Hinweis auf eine klare Rechts­ver­letzung das konkrete Angebot unverzüglich sperren. Darüber hinaus muss er nach der heutigen Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main (OLG) Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Verstößen der beanstandeten Händler-Accounts kommt. Das OLG verpflichtete deshalb die Be-treiberin von ebay.de, es zu unterlassen, ihren Marktplatz gewerblichen Verkäufern trotz mehrfacher Hinweise auf rechtswidrige Angebote für den Vertrieb von Schwimmhilfen zur Verfügung zu stellen, sofern die Angebote wiederum nicht rechtmäßig gekennzeichnete Waren betreffen.

Die Klägerin produziert und vertreibt Schwimmscheiben u.a. als mehrfarbige Obera­rm­schwimm­hilfen, die aus permanent schwimmfähigem Material gefertigt und so gestaltet sind, dass eine optimale Arm- und Bewegungs­freiheit gewährleistet wird. Die Schwimmhilfen tragen die Marke der Klägerin, eingeprägte Sicher­heits­hinweise, Name und Anschrift der Klägerin sowie ein CE-Kennzeichen. Die Beklagte betreibt in Deutschland den Inter­net­ma­rktplatz ebay.de. Dort wurden von gewerblichen Verkäufern Schwimmscheiben chinesischer Herkunft angeboten, die weder über eine Herstel­ler­kenn­zeichnung noch eine CE-Kennzeichnung, EU-Konfor­mi­täts­er­klärung und Baumus­ter­prüf­be­schein­gigung verfügten. Die Klägerin beanstandete dies wegen Verstoßes gegen die Produkt­si­cher­heits­vor­schriften mehr-fach schriftlich gegenüber der Beklagten.

Anzeigen von Schwimmhilfen ohne CE-Kennzeichnung auf ebay rechtswidrig

Das Landgericht hat die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Die Beklagte habe es zu unterlassen, auf ihrer Handels­plattform Angebote bereits angezeigter Verkäufer zu schalten, bei denen auf den Lichtbildern das Fehlen der CE-Kennzeichnung und der Hersteller-Angaben zu erkennen sei, urteilte das OLG. Gemäß der EU-Verordnung über persönliche Schutz­aus­rüs­tungen dürften diese nur dann auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn sie der Verordnung entsprechen und nicht die Gesundheit oder Sicherheit von Personen gefährden. Entgegen den Anforderungen der Verordnung verfügten die angebotenen Schwimmhilfen jedoch weder über eine CE-Kennzeichnung noch eine Herstel­ler­kenn­zeichnung. Die Angebote erfüllten zudem nicht die Anforderungen nach dem Produkt­si­cher­heits­gesetz, da sowohl Angaben zum Namen und der Kontak­t­an­schrift des Her-stellers als auch die vorgeschriebene CE-Kennzeichnung fehlten.

Pflicht zur Vorsorge gegen weitere Verstöße

Die Beklagte sei für diese Verstöße verantwortlich. Sie müsse nicht nur konkrete Angebote unverzüglich sperren, wenn sie auf klare Rechts­ver­let­zungen - wie hier - hingewiesen wurde (sog. „notice an take down“-Prinzip). Vielmehr müsse sie auch darüber hinaus Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Verstößen der beanstandeten Händler-Accounts komme. Sie treffe deshalb jedenfalls bei der Verletzung von Produkt­si­cher­heits­vor­schriften die Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Durch ihr gefah­rer­hö­hendes Verhalten bestehe eine „Erfolgs­ab­wen­dungs­pflicht“. Daraus folgende Prüfungs­pflichten seien ihr zumutbar, da die Produkte leicht identifizierbar seien. Die Verpflichtung führe auch nicht zu einer Gefährdung oder unver­hält­nis­mäßigen Erschwerung des Geschäfts­modells der Beklagten. Sie könne vielmehr eine Filtersoftware einsetzen, mit welcher Schwimmscheiben-Angebote derjenigen Accounts ermittelt werden, bei denen in der Vergangenheit rechts­ver­letzende Angebote bereits angezeigt wurden. Nicht zumutbar wäre allerdings die Überprüfung, ob die Kennzeichnung zu Recht angebracht und die Sicher­heits­an­for­de­rungen tatsächlich erfüllt wurden. Dies sei jedoch auch nicht streit­ge­gen­ständlich.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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