21.11.2024
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Dokument-Nr. 31569

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil17.02.2022

Kein Vertrieb nachgeahmter „Plastikuhren“ trotz abweichender KennzeichnungGericht bejaht Herkunft­s­täu­schung und Rufausbeutung

Der Vertrieb einer nachgeahmten „Plastikuhr“ kann trotz markenähnlicher Kennzeichnung wettbe­wer­bs­widrig sein. Es kann zu einer mittelbaren Herkunft­s­täu­schung kommen, wenn dem Verkehr bekannt ist, dass etwa für Mode- und Sport­artikel­hersteller Uhren in Lizenz hergestellt werden und Kooperationen mit Künstlern im Uhrenmarkt nicht unüblich sind. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Beklagte verurteilt, den Vertrieb nachgeahmter Plastikuhren zu unterlassen.

Die Klägerin vertreibt seit 1983 aus Kunststoff hergestellte Uhren. Die streit­ge­gen­ständliche Modellserie wird in verschiedenen Designvarianten vertrieben, wobei die Klägerin hinsichtlich der farblichen Gestaltung der Uhren auch mit zeitge­nös­sischen Künstlern zusam­me­n­a­r­beitet. Ihre Uhren sind ab einem Preis von 63,00 € erhältlich. Die Beklagte bot über die Plattform www.amazon.de Plasti­ka­rm­banduhren in unter­schied­lichen Farben mit im Ziffernblatt aufgedruckten - von den klägerischen Bezeichnungen abweichenden - Kennzeichnungen zu Preisen zwischen 12,48 € und 13,67 € an. Das Landgericht hatte die Klage auf Unterlassen des Anbietens der in der Berufung gegen­ständ­lichen Uhrenmodelle abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Erfolg.

Übernahme nahezu sämtlicher die Eigenart begründender Merkmale

Der Vertrieb der Uhren stelle eine unlautere Nachahmung der klägerischen Uhrenmodelle dar, begründete das OLG seine Entscheidung. Dem Uhrenmodell der Klägerin komme eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu. Es handele sich um „eine sehr reduzierte Uhrenserie zu einem vergleichsweise günstigen Preis aus einem damals für Uhren ungewöhnlichen Material ... nämlich Plastik“. Aufgrund der hohen Bekanntheit des Produktes sei hier von einem gesteigerter Grad an Eigenheit auszugehen. Diese wettbewerbliche Eigenart werde nicht durch „wahllos“ von der Beklagten herangezogene andere „Plastikuhren“ in Frage gestellt, die mit dem klägerischen Modell außer dem Material nicht viel Gemeinsames hätten. Die Beklagte habe das klägerische Modell auch nachgeahmt. Nahezu sämtliche die Eigenart begründenden Merkmale seien von ihr übernommen worden.

Mittelbare Herkunft­s­täu­schung trotz abweichende Kennzeichnung

Die im Ziffernblatt vorhandene abweichende Kennzeichnung schließe zwar eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus. Es liege aber eine sog. mittelbare Herkunft­s­täu­schung vor. Auf dem Uhrenmarkt sei es üblich, dass mit Zweitmarken operiert werde. Verbreitet würden auch Uhren über Lizenzverträge für bekannte Mode- und Sport­ar­ti­kellabel hergestellt. Der Verkehr nehme deshalb hier hinsichtlich der abweichenden Kennzeichnung der Uhren der Beklagten an, dass eine lizenz­rechtliche Beziehung zur Klägerin bestehe oder eine Zweitmarke vorliege.

Guten Ruf des streit­ge­gen­ständ­lichen Modells „Plastikuhren“ ausgenutzt

Die Beklagte beute zudem den guten Ruf der Klägerin aus. Dabei komme es nicht darauf an, dass es sich hier nicht um eine Luxus-Uhr handele. Auch niedrigpreisige Produkte könnten einer Rufausbeutung unterliegen, wenn der Verkehr ihnen eine besondere Wertschätzung entgegenbringe. Hier würden die „Plastikuhren“ des streit­ge­gen­ständ­lichen Modells einen außer­or­dent­lichen Ruf genießen. „Sie sind“, so das OLG, „das Synonym für die Produktgruppe der „Plastikuhren“, die die Klägerin erstmals großflächig auf den Markt gebracht hat“. An dieses positive Image habe sich die Beklagte ohne Grund in so starkem Maße angelehnt, dass sie „unlauter an der von der Klägerin durch eigene langjährige Anstrengungen am Markt erworbenen Wertschätzung profitiert“, stellt das OLG fest.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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