18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 30218

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Urteil29.03.2021Oberlandesgericht Frankfurt am Main6 U 200/19
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil29.03.2021

Kein „Bio-Mineralwasser“ bei Nachbehandlung des geförderten arsenhaltigen RohwassersOLG Frankfurt am Main zur Definition von "Bio Qualität" eines Produktes

Von einem als „Premium­mineral­wasser in Bio Qualität“ wird nicht nur erwartet, dass es deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Der Verkehr rechnet nicht damit, dass das Mineralwasser mit einen so hohen Arsenanteil gefördert wird, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasser­verordnung (i.F.: MTVO) nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss. Die Durchleitung des geförderten Rohwassers durch Mangansand zur Anbindung des Arsens stellt eine derartige Nachbehandlung dar. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb zahlreiche auf die “Bio-Qualität“ bezogene Werbeaussagen verboten.

Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als „Premi­um­mi­ne­ral­wasser in Bio-Qualität“ mit einem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es u.a. als „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“. Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle einen Arsengehalt, der nach der MTVO zu hoch ist. Zur Reduzierung des Arsengehalts wird das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10-30 Minuten durch einen manganhaltigen Sand geleitet. Anschließend findet noch eine mechanische Parti­kel­fil­terung statt.

OLG: Werbung mit „Bio-Qualität“ ist irreführend

Die klagende Geträn­ke­her­stellerin hält u.a. wegen dieser Behandlung die auf die Bio- Thematik bezogenen Werbeaussagen und die Verwendung des Quali­täts­siegels für wettbe­wer­bs­widrig. Das Landgericht hatte der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unter­las­sungs­anträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG ganz überwiegend Erfolg. Die auf die „Bio-Qualität“ des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Gemäß höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung erwarte der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz „Bio“ bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner sei als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt, da es von Natur aus bestimmte Reinheits­er­for­dernisse erfülle.

Kein unbehandeltes Naturprodukt nach Filtervorgang mit Mangansand

Entgegen der durch die Werbung verursachten Verkehr­s­er­wartung handele es sich hier jedoch nicht um ein unbehandeltes natürliches Produkt. Das geförderte Rohwasser weise vielmehr einen nach der MTVO unzulässig hohen Arsenanteil auf, welcher die Durchleitung durch Mangansand erfordere. Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder - wohl naheliegender - chemischen Vorgang handele, könne offenbleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über das bloße Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, so dass kein unbehandeltes Naturprodukt mehr vorliege. Sei die Bewerbung als Mineralwasser mit „Bio-Qualität“ irreführend, treffe dies auch auf das Siegel „Premi­um­mi­ne­ral­wasser in Bio Qualität“ zu.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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