23.11.2024
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Dokument-Nr. 32038

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Beschluss14.07.2022Oberlandesgericht Frankfurt am Main26 Sch 19/21
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss14.07.2022

Übersetzung von Zeugenaussagen im Schieds­ver­fahren auch durch nicht beeidigte Person aus dem Lager einer der Parteien zulässigKein Verstoß gegen prozessuale Waffen­gleichheit

Die Parteien eines Schieds­ver­fahrens können sich darauf einigen, dass die Übersetzung etwa von Zeugenaussagen auch durch nicht formal qualifizierte Personen erfolgt, die darüber hinaus im Lager einer der Parteien des Schieds­ver­fahrens stehen können. Das Schiedsgericht hat bei der Ausgestaltung des Verfahrens einen ebenso großen Spielraum wie die Parteien. Haben die Parteien keine konkreten Vereinbarungen getroffen, verstößt es damit nicht gegen den ordre public, wenn ein Schiedsgericht eine Zeugenaussage von einer nicht allgemein beeidigten Person aus dem Lager der Antragstellerin vornehmen lässt. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit einer Entscheidung einen Schiedsspruch über rund 830.000 € für vollstreckbar erklärt.

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit eines in Frankfurt am Main erlassenen Schiedsspruchs. Die Antragstellerin ist eine kasachische Gesellschaft. Sie besitzt ein Einkaufszentrum in Almaty (Kasachstan). Die Antragsgegnerin mit Sitz in Deutschland ist international u.a. im Bereich Entwicklung, Planung und Bau von Großobjekten tätig. Die Parteien unterzeichneten einen Vertrag über die Planung, Berechnung und Lieferung einer Kuppel und dreier Dächer für das Einkaufszentrum. Sie trafen zudem eine Schieds­ver­ein­barung. Es kam zu einer Vielzahl von Nachtrags­ver­ein­ba­rungen und der Verschiebung von Lieferterminen. Schließlich trat die Antragstellerin von den Verträgen zurück und forderte von der Antragsgegnerin die Zahlung eines ihrer Ansicht nach vergleichsweise vereinbarten Erstat­tungs­an­spruchs. An dem von der Antragstellerin eingeleiteten Schiedsverfahren beteiligte sich die Antragsgegner mit Ausnahme der Einreichung von Frist­ver­län­ge­rungs­ge­suchen und einer E-Mail nicht. Das Schiedsgericht vernahm eine russisch­sprachige Zeugin, deren Aussage von im Lager der Antragstellerin stehenden Personen in die englische Verfah­rens­sprache übersetzt wurde und verurteilte die Antragsgegnerin schließlich zur Zahlung von insgesamt rund 830.000 €.

OLG erklärt Schiedsspruch für vollstreckbar

Auf Antrag der Antragstellerin hat das OLG nunmehr den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Es lägen keine Versagungs- oder Aufhe­bungs­gründe vor, stellte das OLG fest. Insbesondere verstoße die Übersetzung der Zeugenaussage durch nicht beeidigte Personen aus dem Lager einer der Parteien nicht gegen den Grundsatz der prozessualen Waffen­gleichheit. Das Schiedsgericht habe vielmehr seine Verpflichtung erfüllt, die "Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhand­lungs­führung, durch unvor­ein­ge­nommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens [...] und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten zu wahren“. Die Antragsgegnerin könne Verfah­rens­fehler hinsichtlich der Beweisaufnahme zwar auch rügen, obwohl sie an ihr „- warum auch immer - nicht teilgenommen hat“. Es sei aber verfah­rens­feh­lerfrei, dass die Aussage der russisch­spra­chigen Zeugen nicht von einem vereidigten Dolmetscher übersetzt worden sei. Die Parteien eines Schieds­ver­fahrens seien im Grundsatz frei, welche Anforderungen sie an eine ggf. erforderliche Übersetzung von Zeugenaussagen stellen wollen. Sie könnten sowohl vereinbaren, dass Übersetzungen durch Personen erfolgen, die über keine entsprechende formale Qualifikation verfügen als auch, dass die übersetzende Person im Lager einer der Parteien des Schieds­ver­fahrens steht.

Kein Verstoß gegen den verfah­rens­recht­lichen ordre public

Für das Schiedsgericht sei der Spielraum für die Ausgestaltung des Schieds­ver­fahrens grundsätzlich genauso groß wie für die Parteien. Fehle - wie hier - eine Vereinbarung der Parteien zur Frage der Übersetzung fremdsprachiger Zeugenaussagen, verstoße es daher nicht gegen den verfah­rens­recht­lichen ordre public, wenn das Schiedsgericht die Aussage einer Zeugin nicht von einem vereidigten Dolmetscher in die Verfah­rens­sprache übersetzen lassen, sondern sich mit der Übersetzung durch eine nicht beeidigte Person begnüge, die zudem im Lager eines der Parteien des Schieds­ver­fahrens stehe. Durch diese Verfahrensweise habe sich das Schiedsgericht auch in Ermangelung einer neutralen Person, die der russischen Sprache mächtig gewesen wäre, nicht der Antragstellerin „ausgeliefert“. Ein Schiedsgericht könne vielmehr ebenso wie ein staatliches Gericht in der Regel - mit Ausnahme gängiger Fremdsprachen - die Übersetzung durch den Dolmetscher nicht überprüfen. Dass eine falsche oder unzureichende Übersetzung vorliege, behaupte die Antragsgegnerin im Übrigen nicht.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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