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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss01.12.2020
Akteneinsicht in 13 m² kleinem Kellerraum während Corona-Pandemie ist unzumutbarPflicht zur Einsichtgewährung an geeignetem Ort - Gesundheitsgefährdung während Corona-Pandemie ist zu berücksichtigen
Die Verpflichtung, einem Gesellschafter zusammen mit zwei hierzu Bevollmächtigten Einsicht in Handelsbücher und Geschäftsunterlagen zu gewähren, wird während der Corona-Pandemie nicht durch die Bereitstellung eines 13 m² großen, mit zahlreichen, nicht beschrifteten Kartons und weiteren Möbelstücken zugestellten Kellerraumes erfüllt.
Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. Die Antragstellerin in dem Verfahren war Gesellschafterin der auf Auskunftserteilung in Anspruch genommenen GmbH. Gegenstand der GmbH war die Verwaltung eigenen Vermögens.
Vollgestellter Kellerraum von 13 m² ist für Akteneinsichtnahme während Corona-Pandemie unzumutbar
Die GmbH war verurteilt worden, der Antragstellerin sowie zwei von ihr Bevollmächtigten Einsicht in die vollständigen Handelsbücher und Geschäftsunterlagen für die Jahre 2008-2019 zu gewähren. Die GmbH ermöglichte die Einsicht am 15.5.2020 in ihrem 13 m² großen Kellerraum, der mit zahlreichen Kartons vollgestellt war und in dem sich darüber hinaus ein Schreibtisch, ein Computertisch sowie eine Couch mit einem weiteren Tisch befanden. Die Vertreter der Antragstellerin brachen den Termin ohne Einsichtnahme wegen Unzumutbarkeit dieser Bedingungen ab.
Pflicht zur Einsichtgewährung umfasst Bereitstellung geeigneten Ortes zur Einsichtnahme
Das Landgericht hat daraufhin ein Zwangsgeld i.H.v. 5.000 € gegen die GmbH verhängt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der GmbH hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die GmbH habe ihre Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nicht durch die bloße Bereitstellung der Unterlagen in zahlreichen Kartons in dem 13 m² großen Raum erfüllt, begründet das OLG. In Anbetracht der damaligen Pandemiesituation sei es nicht zumutbar gewesen, die Einsicht in die Geschäftsbücher dort vorzunehmen. Zwar habe die Einsichtnahme grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zu erfolgen. Hier habe aber wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung der Einsichtnehmenden ein anderer, geeigneterer Ort bestimmt werden müssen, "um - mangels des Bereitstellens anderer, überzeugender Hygienekonzepte - ...(der) Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nachzukommen."
Berücksichtigung der Mindestabstände während Corona-Pandemie bei Wahl des geeigneten Ortes zur Akteneinsichtnahme
Nur in externen Räumen hätte der nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts einzuhaltende Mindestabstand von 1,5 m eingehalten werden können. Die im Keller eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten oder das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung seien auch keine Alternative gewesen, da von einer längeren Zeit für die Einsichtnahme auszugehen gewesen sei. Die Unterlagen hätten sich in deutlich mehr als 10 Umzugskartons sowie einem Aktenschrank befunden, ohne dass eine Ordnung der zahlreichen Aktenordner nach Jahren oder Inhalt erkennbar gewesen wäre.
Angesichts der im Raum stehenden gesundheitlichen Folgen einer Ansteckung sei der GmbH die Bereitstellung eines externen Raumes unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zumutbar gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.12.2020
Quelle: Pressemitteilung, ra-online (pm/we)
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