18.10.2024
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Sie sehen eine rote Rose, welche in einer Pfütze liegt.

Dokument-Nr. 32703

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Beschluss21.02.2023Oberlandesgericht Frankfurt am Main21 W 104/22
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss21.02.2023

An den Erhalt des Pflichtteils anknüpfende Pflichtteils­straf­klausel setzt Mittelabfluss vorausOhne Mittelabfluss kein Sanktionierungs­grund

Pflichtteils­straf­klauseln in gemein­schaft­lichen Testamenten sollen den Nachlass für den überlebenden Ehegatten möglichst ungeschmälert erhalten. Wird die Verwirkung der Pflicht­teils­klausel von den Testierenden nicht nur an das Verlangen des Pflichtteils, sondern auch an den Erhalt des Pflichtteils geknüpft, setzt die Verwirkung der Klausel einen tatsächlichen Mittelabfluss voraus. Ohne Mittelabfluss besteht kein Sanktionierungs­grund, betonte das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) Entscheidung.

Die Erblasserin hatte mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein privat­schrift­liches gemein­schaft­liches Testament errichtet. Sie hatte aus einer früheren Ehe eine Tochter, ihr verstorbener Ehemann hatte aus früheren Ehen zwei Töchter. Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Weiter hieß es: ‚Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstver­storbenen Elternteils erheben. Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kindern (...Namen der drei Töchter) zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.‘ Die Tochter der Erblasserin beantragte einen Erbschein, der sie und eine der zwei Töchter des vorverstorbenen Ehemannes zu je 1/2 als Erbinnen ausweisen soll. Sie meint, die weitere Tochter sei nicht Erbin der Erblasserin geworden sei, da sie nach dem Tod ihres Vaters ihren Pflichtteil geltend gemacht habe. Das Nachlassgericht hat den Erbscheins­antrag der Tochter der Erblasserin zurückgewiesen.

Voraussetzung des Mittelabfluss vom Nachlass­vermögen nicht erfüllt

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Gemäß der testa­men­ta­rischen Schlus­ser­ben­be­stimmung seien alle drei Töchter Erbinnen zu jeweils ein Drittel geworden, bestätigte das OLG. Die dritte Tochter habe ihren Erbanspruch nicht verwirkt. Nach dem Testament sollte dasjenige Kind von der Schlus­ser­b­schaft ausgenommen werden, das nach dem Tod des Erstvers­ter­benden seien Pflichtteil beansprucht und erhalten hat. Voraussetzung für das Auslösen der Sankti­o­ns­wirkung sei damit - abweichend von den üblichen Klauseln - nicht nur die Geltendmachung des Pflichtteils, sondern zusätzlich ein Mittelabfluss vom Nachlass­vermögen. Ob die Tochter hier überhaupt ihren Pflichtteil geltend gemacht habe, könne offenbleiben. Jedenfalls habe sie nicht ihren Pflichtteil und auch sonst nichts aus dem Nachlass­vermögen erhalten.

Wertloser Pflichtteil löst nicht Sankti­o­ns­wirkung der testa­men­ta­rischen Pflicht­teils­klausel aus

Der Hinweis der anderen Töchter, sie habe ihren Pflichtteil erhalten, dieser sei aber gleich null‘ gewesen, überzeuge nicht. Ein ‚ins Leere gehender bzw. wertloser Pflichtteil (löse) nicht die Sankti­o­ns­wirkung der testa­men­ta­rischen Pflicht­teils­klausel aus‘. Durch das zusätzliche Erfordernis des „Erhaltens“ hätten die Eheleute deutlich gemacht, dass es ihnen ‚um das Zusammenhalten des Nachlass­ver­mögens, dessen Werthaltigkeit und den Schutz des überlebenden Ehegatten’ gegangen sei. Wenn die Tochter nichts aus dem Nachlass erhalten habe, sei der Nachlass nicht geschmälert und es bestehe nach dem Willen der Ehegatten kein Grund für eine Sanktionierung. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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