23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 32843

Drucken
Urteil18.04.2023Oberlandesgericht Frankfurt am Main2 U 43/22
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil18.04.2023

Nackter Vermieter im Hof kein MietmangelKlage vor dem OLG Frankfurt nur teilweise erfolgreich

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat sich mit einer Entscheidung mit zahlreichen geltend gemachten Mietmängeln hinsichtlich einer in einem gemischt genutzten Haus liegenden Büroetage befasst. Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauchs­tauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt, stellte das OLG dabei u.a. fest. Es fehle insoweit an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück.

Der Kläger vermietete an die Beklagte eine Büroetage in einem Gebäude im Frankfurter Westend, welches zum Teil zu reinen Wohnzwecken - u.a. vom Kläger - genutzt wurde. Die Beklagte minderte die Miete nach knapp einjähriger Mietzeit. Mit seiner Klage begehrt der Vermieter u.a. rückständige Mieten. Das Landgericht hatte der Klage hinsichtlich der ausstehenden Mieten nach einer aufwändigen Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben.

„Ruhe und Gediegenheit“ als Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG nur geringfügig Erfolg. Zu Recht habe die Beklagte die Miete allerdings wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft gemindert, führte das OLG aus. Im Hinblick auf die Beein­träch­tigung der Nutzbarkeit der Räume durch Lärm und Staubim­mis­sionen im Umfeld des Mietobjektes, habe die Beklagte für drei Monate die Miete um 15 % mindern dürfen. Die Baumaßnahmen in der Nachbarschaft und damit verbundene Beein­träch­ti­gungen seien hier nicht mehr als unwesentlich oder ortsüblich einzuordnen. Für die Höhe der Minderung sei einerseits wesentlich, dass keine Zugangs­be­ein­träch­tigung für die Laufkundschaft entstanden sei, andererseits aber das Objekt in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet liege. Die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds sei in Form des Ambientes des Mietortes Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden.

Kein Anspruch auf Mietminderung wegen „Gerümpel“ im Erdge­schoss­bereich

Weitergehende Minde­rungs­gründe bestehen dagegen nicht. Soweit die Beklagte die Miete gemindert habe, da im Erdge­schoss­bereich „Gerümpel“ abgestellt worden sei, sei dies unbegründet. Das Verhalten der Mitbewohner sei zwar häufiger Anlass für Beanstandungen. Da die Wohnung neben der Funktion der Unterkunft und Lebens­mit­telpunkt auch soziale Kontakte, individuelle Erholung und Entspannung ermöglichen soll, sind Konflikte vorprogrammiert“, erläuterte das OLG. Der Freiraum der Mitbewohner sei unter dem Gesichtspunkt der Sozia­l­ver­träg­lichkeit zu werten und mit dem Gebot der Rücksichtnahme abzuwägen. Beein­träch­ti­gungen durch abgestellte Sachen im Flur (Kinderwagen, Schuhe, Ranzen, Tüten oder ähnliches) gingen nur in Ausnahmefällen über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beein­träch­tigung durch einen Mitmieter hinaus. Hier sei nicht feststellbar, dass es zu einer massiven über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beein­träch­tigung gekommen sei.

Keine Küchengerüche bei Ortstermin

Ohne Erfolg habe die Beklagte auch eine Minderung in Hinblick auf Küchengerüche vorgenommen. „Vor dem Hintergrund der gemischten Nutzung des Gebäudes ist auch mit sozialadäquaten Verhalten der Mitbewohner zu rechnen. Dazu gehört, dass man sich gelegentlich ein Mittagessen kocht und es gelegentlich auch riecht“, betonte das OLG. Im Rahmen des extra zur Mittagszeit durchgeführten Ortstermins seien im Treppenhaus zu dem keine Küchengerüche festgestellt worden. Auch der behauptete „muffige Geruch“ sei nicht zu riechen gewesen.

Nacktes Sonnenbaden des Vermieters keine "grob ungehörige Handlung"

Schließlich könne die Miete auch nicht gemindert werden, soweit sich der Kläger unstreitig nackt im Hof sonne. Rein das ästhetische Empfinden eines anderen verletzende Umstände führten grundsätzlich nicht zu einem Abwehranspruch, sofern sie sich nicht gezielt gegen den anderen richteten. Eine „grob ungehörige Handlung“ im Sinne des § 118 OWiG liege nicht vor. Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauch­s­taug­lichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück. Der Ort, an dem der Kläger sich unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Beklagten aus nur dann sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Dies stehe einer gezielten Einwirkung entgegen. Soweit die Beklagte behaupte, dass der Kläger sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe, so dass „ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlicher Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit“ konfrontiert würde, sei dies nicht nachgewiesen worden. Der Kläger habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil32843

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI