21.11.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 32580

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Urteil15.12.2022Oberlandesgericht Frankfurt am Main16 U 255/21
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil04.11.2021, 2-03 O 296/21
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil15.12.2022

Kein Löschungs- aber Nachtrags­an­spruch bei nicht mehr aktuellem Beitrag auf anwaltlicher HomepageNachtrag über Fortgang des Verfahrens hier ausreichend und verhältnismäßig

Berichtet ein Rechtsanwalt über einen erstrittenen gerichtlichen Erfolg auf seiner Homepage und wird diese Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben, muss er diesen Bericht nicht nachträglich löschen. Auf Verlangen des Betroffenen wäre er jedoch verpflichtet, den Beitrag zu aktualisieren (Nachtrags­an­spruch). Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) wies den Unter­lassungs­anspruch der Betroffenen gegen den Rechtsanwalt zurück.

Die Klägerin betreibt eine deutschlandweit tätige Wirtschafts­aus­kunftei in Wiesbaden. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er erstritt im November 2020 eine einstweilige Verfügung gegen die Klägerin und berichtete im Anschluss darüber in einem Anwalts-Blog auf der Kanzlei-Webseite unter der Überschrift „Einstweilige Verfügung gegen (die Klägerin) erlassen; Zwangsmittel beantragt“. Die einstweilige Verfügung wurde nachfolgend auf Widerspruch der Klägerin hin rechtskräftig aufgehoben. Die Klägerin wendet sich gegen Äußerungen in diesem unverändert nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung verfügbarem Bericht. Das Landgericht hatte dem Unter­las­sungs­be­gehren der Klägerin stattgegeben.

Bei nachträglichen Änderung der Sachlage ist erneute Abwägung vorzunehmen

Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG Erfolg. Die Klägerin habe keinen Unter­las­sungs­an­spruch gegen den Beklagten, stellte das OLG fest. Wahre Tatsa­chen­be­haup­tungen – wie hier der Erlass der einstweiligen Verfügung - seien grundsätzlich hinzunehmen. Dies gelte auch, wenn sie für den Betroffenen nachteilig seien. Der Leser erkenne hier, dass der Beitrag nicht einen nach dessen Veröf­fent­lichung aktualisierten Stand wiedergebe. Durch die zwischen­zeitlich erfolgte rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung werde ebenfalls kein Unter­las­sungs­an­spruch begründet. Zwar könne das fortdauernde Bereithalten ursprünglich rechtmäßig veröf­fent­lichter Berichte im Einzelfall unzulässig sein. „Wenn sich die beim Ursprungs­bericht bekannte und zugrunde gelegte Sachlage nachträglich ändert und deshalb die Ursprungs­meldung als unwahr oder jedenfalls in einem anderen Licht erscheinen lässt“, könnten Persön­lich­keits­rechte verletzt werden, gibt das OLG zu Bedenken. Komme es zu einer nachträglichen Änderung, sei deshalb eine erneute Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen.

Kein Löschungs-, aber Nachtrags­an­spruch

Hier rechtfertigten es die Interessen der Klägerin indes nicht, dem Beklagten künftig die Berich­t­er­stattung über die aufgehobene Verfügung zu untersagen. Da der Beitrag ein kommerziell orientierter Blog sei, könnte sich der Beklagte zwar nicht - wie die Presse - darauf berufen, nicht verpflichtet zu sein, die Berich­t­er­stattung über ein einmal aufgegriffenes Thema bei neuen Entwicklungen fortzusetzen. Der geringere Verbrei­tungsgrad des Blogbeitrags führe allerdings auch zu einer geringeren Beein­träch­tigung der Klägerin. Dem Beklagten sei zudem grundsätzlich ein anerken­nens­wertes Interesse zuzusprechen, gegenwärtige und potentielle Kunden darüber zu informieren, dass ein Gericht zunächst zu Gunsten seines Mandanten entschieden habe. Eine Löschung der angegriffenen Äußerungen wäre mithin ein zu starker Eingriff in die Berufs- und Meinungs­freiheit des Beklagten. Ausreichend und verhältnismäßig wäre hier ein Nachtrag über den Fortgang des Verfahrens. Darauf hätte die Klägerin, die Rüge, dass „nur die halbe Wahrheit“ berichtet werde, auch einen Anspruch gehabt. Sie hätte aber einen solchen Nachtrag auch verlangen müssen. Daran fehle es hier. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde kann die Klägerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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