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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil25.09.2018

Kuwaitische Flugge­sell­schaft darf israelischen Staats­an­ge­hörigen Beförderung über Kuweit verweigernKuwaitisches Boykottgesetz gegen Israel in Deutschland rechtlich unbeachtlich und dennoch faktisches Einrei­se­hin­dernis

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main erklärt das kuwaitische Boykottgesetz gegen Israel für inakzeptabel und in Deutschland unbeachtlich. Da Israelis jedoch faktisch nicht den Transitbereich des Flughafens in Kuwait betreten dürfen, kann ein israelischer Reisender nicht die Flugbeförderung mit der kuwaitischen Fluglinie von Frankfurt nach Bangkok mit Zwischenstopp in Kuwait verlangen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist ein in Deutschland lebender israelischer Staats­an­ge­höriger. Er buchte über ein Online-Reiseportal Hin- und Rückflug von Frankfurt am Main nach Bangkok mit Transi­t­auf­enthalt in Kuwait-Stadt durch die beklagte kuwaitische Fluggesellschaft. Die Beklagte stornierte wenige Tage später die Buchung, nachdem sie von der Staatsangehörigkeit des Klägers erfahren hatte. Während des Buchungs­vorgangs über die Plattform, deren Eingabemaske von der Beklagten nicht beeinflusst werden kann, war die Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht abgefragt worden.

Kläger verlangt Beförderung oder angemessene Entschädigung

Der Kläger begehrte von der Flugge­sell­schaft nunmehr, ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt von Frankfurt am Main nach Bangkok mit Zwischen­auf­enthalt in Kuwait-Stadt hin- und zurückzufliegen. Hilfsweise möchte er eine angemessene Geldent­schä­digung.

OLG verneint Anspruch auf Beförderung oder Entschädigung

Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte auch vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Der Kläger könne im Ergebnis nicht eine Beförderung durch die Beklagte verlangen, da die Vertrags­er­füllung aufgrund der Einrei­se­be­stim­mungen in Kuwait faktisch unmöglich sei.

Kuwaitisches Boykottgesetz nach deutschem Verständnis inhaltlich inakzeptabel und nicht beachtlich

Anwendbar sei hier deutsches Recht, so das Oberlan­des­gericht zunächst. Zwischen den Parteien sei über das Portal auch wirksam ein Beför­de­rungs­vertrag geschlossen worden. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass ihr die Beförderung im Hinblick auf kuwaitische Gesetze rechtlich unmöglich sei. Nach dem "Einheitsgesetz zum Israel-Boykott" (Boykott-Gesetz) von 1964 sei zwar der Vertragsschluss mit israelischen Staats­an­ge­hörigen unter Strafe verboten. Gesetze eines Drittstaats entfalteten in Deutschland nach den internationalen Regeln jedoch nicht zwingend Wirkung. Hier sei das kuwaitische Boykottgesetz nach deutschem Verständnis inhaltlich inakzeptabel und damit nicht beachtlich. Das Boykottgesetz habe keinen inter­na­ti­o­na­li­sie­rungs­fähigen Inhalt, wie etwa ein UN-Embargo; es bewirke eine unver­hält­nis­mäßige Kollek­tiv­be­strafung. Die mit diesem Gesetz verfolgten kuwaitischen politischen und wirtschaft­lichen Ziele würden laut Oberlan­des­gericht mit den deutschen außen­po­li­tischen Wertungen und Interessen in keiner Weise übereinstimmen. Die Folgen der Anwendung dieses Gesetzes stünden in eklatantem Widerspruch zu vorrangigen europäischen Vorgaben wie auch deutschen Wertent­schei­dungen und Zielvor­stel­lungen. Dazu gehöre der das Unionsrecht prägende Grundsatz der Nicht­dis­kri­mi­nierung u.a. wegen der Staats­an­ge­hö­rigkeit sowie der nationalen oder ethischen Herkunft. Das kuwaitische Boykottgesetz ziele darauf ab, Personen wegen ihrer Abstammung und Herkunft zu diskriminieren. Dafür spreche bereits die ethische Zusammensetzung des israelischen Staatsvolkes. Der Anteil der Juden betrage knapp 75 %.

Faktische Existenz des kuwaitischen Boykottgesetzes bewirkt Leistungs­hin­dernis

Die faktische Existenz des kuwaitischen Boykottgesetzes bewirke hier jedoch ein Leistungs­hin­dernis für die Beklagte. Der Beför­de­rungs­vertrag müsse hinsichtlich des Zwischenstopps in Kuwait-Stadt erfüllt werden. Dieser Bereich unterliege dem Hoheitsbereich Kuwaits. Inhabern von israelischen Reisedokumenten werde in Kuwait jedoch die Einreise oder der Transit verweigert. Aufgrund seiner völkerrechtlich anerkannten Gebietshoheit könne der Staat Kuwait auch bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Fremde sein Staatsgebiet betreten dürfen. Die Beklagte könne den Kläger folglich allenfalls nach Kuwait fliegen, von wo aus sie ihn unverzüglich wieder nach Frankfurt zurückfliegen müsse. Dies sei für den Kläger sinnlos, so das Gericht. Der Kläger verfüge deshalb auch nicht über die in Kuwait vorge­schriebenen Reisedokumente. Dies gelte bereits für die Einreise allein in die Transitzone. Keinesfalls könne er nach Bangkok weiterreisen.

Änderung der Gegebenheiten ist Aufgabe der Außen- und Rechtspolitik

Es sei allerdings nicht zu verkennen, so das Oberlan­des­gericht, dass es für den Kläger unbefriedigend sei, dass die Vorschriften der tatsächlichen Unmöglichkeit dazu führten, dass die Beklagte weiterhin an ihrer Praxis festhalten könne, Fluggäste israelischer Staats­an­ge­hö­rigkeit nicht auf solchen Flügen zu befördern, die einen Zwischenstopp in Kuwait-Stadt vorsehen. Hier eine Änderung herbeizuführen, sei aber der Außen- und Rechtspolitik vorbehalten und nicht Aufgabe der Gerichte, betonte das Oberlan­des­gericht.

Anspruch auf Geldent­schä­digung verneint

Geldent­schä­digung wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) könne der Kläger nicht verlangen, da er die für die Geltendmachung einzuhaltende zweimonatige Frist versäumt habe.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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