18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 33563

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Urteil30.11.2023Oberlandesgericht Frankfurt am Main16 U 206/21
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil20.09.2021, 2-17 O 95/19
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil30.11.2023

Ehemaliger DFB-Schiedsrichter muss Gutachter-Äußerungen hinnehmenÄußerungen als Werturteil einzustufen

Schluss­fol­ge­rungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem sog. Sachver­ständigen­privileg und sind damit als Werturteil einzuordnen. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Klage eines ehemaligen Schiedsrichters des DFB zurückgewiesen.

Der Kläger war Schiedsrichter beim DFB und leitete dort vor allem Spiele der ersten Bundesliga. Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Unterlassung und Widerruf von in einem Gutachten enthaltenen Äußerungen in Anspruch und begehrt eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 €. Der Kläger hatte 2005 den sog. Fußball- Wettskandal aufgedeckt. Danach hatten einzelne Schiedsrichter von Profi­fuß­ba­ll­spielen gegen Geld das Ergebnis von Bundes­li­ga­spielen regelwidrig beeinflusst, um Fußba­ll­wet­t­er­gebnisse zu beeinflussen. Hierüber hatte sich der Kläger im Rahmen eines Interviews 2017 öffentlich geäußert und aus seiner Sicht Verantwortliche namentlich benannt. Er behauptete u.a., dass es nicht nach den Leistungen der Schiedsrichter gegangen sei, sondern danach, ob diese auf „Wellenlänge“ mit der DFB-Führung gelegen hätten. Daraufhin beauftragte der DFB den Beklagten mit einer internen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Untersuchung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte Zeugenaussagen in seinem Bericht unvollständig, falsch oder sinnentstellend wiedergegeben habe und deshalb unhaltbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe. Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen.

Gutachten als Werturteil

Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne unter Berück­sich­tigung des sog. Sachver­stän­di­gen­pri­vilegs nicht Unterlassung der hier streit­ge­gen­ständ­lichen Äußerungen verlangen. Äußerungen in Sachver­stän­di­gen­gut­achten, die Ergebnis der sachver­ständigen Entschei­dungs­findung sind, seien nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gelte auch, wenn sie „äußerlich in die Form einer Tatsa­chen­be­hauptung gekleidet sind“, vertiefte das OLG. Dies beziehe sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es sei gerade die Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schluss­fol­ge­rungen zu ziehen. Dies rechtfertige die Einordnung der Ergebnisse und Schluss­fol­ge­rungen als Werturteil. Der Beklagte könne sich auch auf das Sachver­stän­di­gen­privileg berufen. Private Gutachter würden öffentlich bestellten Sachver­ständigen gleichgestellt. Die hier streit­ge­gen­ständ­lichen Aussagen unterfielen alle dem Sachver­stän­di­gen­privileg. Bei der erforderlichen kontext­be­zogenen Auslegung lägen durchgehend Schluss­fol­ge­rungen vor.

Recht des Gutachters auf freie Meinung­s­äu­ßerung überwiegt

Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzten, fehle es aber an einer schwerwiegenden Verletzung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Ausein­an­der­setzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter eröffnet habe. Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Recht der Meinung­s­äu­ßerung und der Berufsfreiheit seitens des Beklagten das Schutzinteresse des Klägers. Das Schutzinteresse des Klägers würde überwiegen, wenn der Beklagte etwa grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen wäre und die Verletzung von Persön­lich­keits­rechten des Klägers in Kauf genommen hätte. Dies sei hier nicht der Fall. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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