21.11.2024
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Dokument-Nr. 34089

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil13.06.2024

Haftung eines Hostproviders (hier: X) für rechts­ver­letzende Inhalte setzt konkrete Verdachts­meldung vorausHostprovider haftet für beleidigende Posts nur nach konkretem Hinweis

Ein Platt­form­be­treiber haftet für rechts­ver­letzende Inhalte von Nutzern der Plattform nur, wenn die Beanstandungen eines Betroffenen - die richtig oder falsch sein können - so konkret gefasst sind, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Unter­lassungs­ansprüche mangels hinreichend konkret erhobener Beanstandungen zurückgewiesen.

Der Kläger ist Antise­mi­tis­mus­be­auf­tragter in Baden-Württemberg. Die Beklagte betreibt die Plattform „X“ (vormals Twitter). Der Kläger meldete der Beklagten mit Anwalts­schreiben eine Vielzahl von Tweets mit aus seiner Sicht rechts­ver­let­zenden Inhalten und forderte zur Entfernung und Unterlassung auf. Die Beklagte löschte im Ergebnis den Account eines Nutzers, der sechs der beanstandeten Tweets veröffentlicht hatte. Das Landgericht hatte die Beklagte auf den Eilantrag des Klägers hin verpflichtet, es zu unterlassen, fünf näher benannte Äußerungen des Nutzers über den Kläger zu verbreiten.

Rechts­ver­letzung muss leicht zu erkennen sein

Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG den Unter­las­sungs­antrag ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Beklagte nach den höchst­rich­ter­lichen Grundsätzen zur Providerhaftung hier nicht in Anspruch genommen werden könne. Die Beklagte stelle lediglich eine Plattform für Äußerungen Dritter zur Verfügung. Damit hafte sie als Provider für etwaige rechts­ver­letzende Inhalte erst nach Kennt­ni­ser­langung. Ein Betroffener müsse sie zunächst mit Beanstandungen konfrontieren, die so konkret gefasst sein müssten, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Erst dann treffe den Provider die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und Bewertung des angezeigten Sachverhalts.

"Rechtswidrige Inhalte" reicht als Begründung nicht

Vorliegend habe das Anwalts­schreiben der Beklagten keine hinreichende Kenntnis von den Tatsachen vermittelt, aus denen ihr eine Rechts­ver­letzung ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung erkennbar gewesen sei. Es sei ohne jegliche Begründung oder Sachver­halts­dar­stellung allein von „rechtswidrigen Inhalten“ die Rede gewesen. Aus den beanstandeten Tweets allein sei nicht hervorgegangen, dass der Kläger sich gegen die Verbreitung konstruierter Lebens­sach­verhalte wende, denen es an einer tatsächlichen Grundlage fehle bzw. gegen nicht erweislich wahre Tatsachen. Dies sei den Tweets auch nicht immanent und damit für die Beklagte klar gewesen. Dass die Beklagte letztlich den gesamten Account des Nutzers gesperrt - und nicht nur die angezeigten Tweets gelöscht habe - zeige, dass für sie der Rechtsverstoß gerade nicht unschwer erkennbar gewesen sei. Ohne Erfolg berufe sich der Kläger auch darauf, dass das von der Beklagten bereitgestellte Meldeformular kein Textfeld für weitere konkre­ti­sierende individuelle Angaben bereitstelle. Das Meldeformular entspreche den Vorgaben des NetzDG und bezwecke damit in erster Linie eine Kontrolle nach strafbaren Inhalten. Zudem wären nähere Angaben sowohl in der Spalte „Inhalt“ als auch im Rahmen eines Anhangs möglich gewesen. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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