21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Fitnessstudio, in der eine Frau trainiert und ihr Trainer Hilfestellung leistet.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil21.12.2017

Rechtmäßigkeits­prüfung einer Dopingsperre kann auf internationalen Sport­schieds­gerichts­hof beschränkt werdenBeschränkung der Überprüfung einer Sperre auf internationalen Sport­schieds­gerichts­hof nicht rechts­missbräuchlich

Ein Berufssportler kann sich nicht auf die Rechts­wid­rigkeit einer Dopingsperre berufen, wenn er sich verpflichtet hat, den internationalen Sport­schieds­gerichts­hof (CAS) als einzige Berufungs­instanz anzuerkennen und eine Überprüfung durch den CAS unterlassen hat. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main. Die Verknüpfung zwischen Lizenzerteilung und Verpflichtungs­erklärung beinhalte auch keinen Missbrauch einer markt­be­herr­schenden Stellung, betonte das Oberlan­des­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist Berufs­rad­renn­fahrer. Er begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen einer gegen ihn vom Bundessport- und Schiedsgericht (BSSG) verhängten Dopingsperre. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Dachverband des deutschen olympisch organisierten Radsports. Der Beklagte ist Mitglied des Weltrad­sport­ver­bandes "Union Cycliste Internationale" (UCI) und erteilt Sportlern die erforderliche Lizenz zur Teilnahme am Radsport. Das BSSG ist ein Organ des beklagten Verbandes.

Kläger akzeptiert TAS/CAS vertraglich als einzig kompetente Berufungs­instanz

Der Kläger erhielt in der Vergangenheit Lizenzen und verpflichtete sich mit Antragstellung, die Reglements des UCI anzuerkennen. Insbesondere erklärte er, sich den Strafen zu unterziehen, die ihm gegenüber ausgesprochen werden und Berufungen den im Reglement vorgesehenen Instanzen vorzutragen. Ausdrücklich unterzeichnete er folgende Verpflichtung: "Ich akzeptiere das TAS/CAS als einzig kompetente Berufungs­instanz [...]. Ich akzeptiere, dass das TAS/CAS als letzte Instanz entscheidet und dass seine Beschlüsse endgültig und ohne Anspruch auf Berufung sind."

BSSG verhängt 12-monatige Sperre wegen Meldepflicht- und Kontroll­ver­säum­nissen

Der Kläger gehörte dem Testpool der am häufigsten kontrollierten Sportler an und unterlag u.a. strengen Meldeauflagen. Die Nationale Anti-Doping-Agentur Deutschland informierte den Beklagten über drei Meldepflicht- und Kontroll­ver­säumnisse des Klägers. Das BSSG verhängte daraufhin gegen den Kläger eine 12-monatige Sperre. Diesen Beschluss ließ der Kläger nicht vom CAS überprüfen. Er begehrt nunmehr vom Beklagten Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und meint, die Sperre sei rechtswidrig ausgesprochen worden.

Kläger kann sich nicht auf behauptete Unrichtigkeit des BSSG-Beschlusses berufen

Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Der Kläger könne sich nicht auf die behauptete Unrichtigkeit des Beschlusses des BSSG berufen, so das Oberlan­des­gericht. Er habe sich hinsichtlich der Frage etwaiger Dopingverstöße der Verbands­ge­richts­barkeit des Beklagten und der Anerkennung des CAS als einziger Berufungs­instanz unterworfen. Trotz der ihm erteilten Rechts­be­helfs­be­lehrung habe er keine Berufung zum CAS eingelegt.

Das Verlangen der Unter­wer­fungs­er­klärung stelle bei Abwägung der beiderseitigen Interessen auch keinen Missbrauch einer markt­be­herr­schenden Stellung durch den Beklagten dar. Der Beklagte habe zwar auf dem Markt der Zulassung von Sportlern zur Teilnahme an Radsport­ver­an­stal­tungen eine Monopolstellung. Bei der Erteilung von Lizenzen handele es sich auch um eine gewerbliche Leistung im geschäftlichen Verkehr.

OLG verneint Missbrauch markt­be­herr­schender Stellung

Die verlangte Unterwerfung unter die Verbands­ge­richts­barkeit und Anerkennung des CAS als einziger Berufungs­instanz beinhalte jedoch keinen Missbrauch dieser markt­be­herr­schenden Stellung. Es entspreche laut Gericht dem wohlver­standenen Interesse nicht nur des Beklagten als Fachverband des Deutschen Radsports, sondern auch der den Radsport ausübenden Athleten, dass zunächst über das Vorliegen von Dopingverstößen das BSSG entscheide. So könnten Entscheidungen über Dopingverstöße deutschlandweit einheitlich durch ein fachlich kompetentes Gremium zeitnah getroffen werden, begründete das Oberlan­des­gericht. Soweit das BSSG kein unabhängiges Schiedsgericht, sondern ein Organ des Beklagten sei, führe auch dies nicht zur Unwirksamkeit der Unterwerfung. Dem Kläger habe eine Berufung zum CAS offen gestanden. Der CAS stelle nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung eine "unabhängige und neutrale Instanz" dar (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 07.06.2016 - KZR 6/15 -).

Sport­s­chieds­ge­richte verfügen über notwendiges Spezialwissen

Die Beschränkung der Überprüfung einer Sperre auf den CAS unter Ausschluss ordentlicher Gerichte stelle sich auch nicht aus sonstigen Gründen als rechts­miss­bräuchlich dar. Den Grundrechten des Klägers auf Justizgewährung sowie auf freie Berufsausübung stehe die gleichfalls verfas­sungs­rechtlich gewährleistete Verband­s­au­tonomie des Beklagten gegenüber. Der Bedeutung einheitlicher und effektiver Anti-Doping-Richtlinien sowohl im internationalen wie im nationalen Kontext werde, laut Oberlan­des­gericht, am besten ein einheitliches Schiedsgericht gerecht. Schließlich könnten Sport­s­chieds­ge­richte am ehesten die Chancen­gleichheit der Sportlerinnen und Sportler bei der Teilnahme am organisierten Sport durchsetzen und verfügten durch die ständige Befassung mit sports­pe­zi­fische Streitigkeiten über das notwendige Spezialwissen.

Erläuterung:

"CAS" steht für "court of arbitration für sport"; gleichbedeutend ist "TAS", d.h. "Tribunal Arbitral du Sport".

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil25338

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI