Dokument-Nr. 18880
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- BerlinerAnwBl 2014, 320Zeitschrift: Berliner Anwaltsblatt (BerlinerAnwBl), Jahrgang: 2014, Seite: 320
Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss22.09.2014
Kein grundsätzlicher Anspruch auf Ausdruck von "e-Akten" in Papierform für sachgerechte Verteidigung im StrafverfahrenEinarbeitung in Sachverhalte mit Hilfe der e-Akte für Verteidiger zumutbar
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass in einem Strafverfahren kein grundsätzlicher "Anspruch" eines Verteidigers auf Ausdruck einer kompletten e-Akte zum Zwecke einer sachgerechten Verteidigung bestehe, wenn ihm die kompletten Akten dauerhaft in digitalisierter Form als Arbeitsgrundlage zur Verfügung stehen. Angesichts der Tatsache, dass die elektronische Aktenbearbeitung mittlerweile in weiten Teilen der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung – auch der Gerichte – zum Alltag gehöre und den gezielten Zugriff auf bestimmte Informationen – gerade bei umfangreichem Verfahrensstoff – erheblich erleichtere, sei es auch einem Verteidiger zuzumuten, sich zunächst mit Hilfe der e-Akte in den Sachverhalt einzuarbeiten und erst auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche (zentralen) Aktenbestandteile für die weitere Verteidigung auch in Papierform benötigt werden.
Gegenstand des zugrunde liegenden Verfahrens waren als unzulässig zurückzuweisende Rechtsmittel des Vertreters der Staatskasse gegen landgerichtliche Feststellungsbeschlüsse im zurzeit vor dem Landgericht Düsseldorf zu verhandelnden "Rethelstraßenverfahren". Die Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf hatte im Verlauf dieses Verfahrens auf Antrag diverser Pflichtverteidiger festgestellt, dass zur sachgemäßen Durchführung der Verteidigung ein Komplettausdruck der in elektronischer Form zur Verfügung gestellten Verfahrensakte erforderlich sei. Unter Berufung auf diese Feststellungsbeschlüsse waren daraufhin Anträge auf vorschussweise Festsetzung entstandener bzw. voraussichtlich entstehender Auslagen in Höhe von bis zu 67.000 Euro pro Pflichtverteidiger für den Ausdruck von knapp 380.000 Seiten aus elektronischen Datenträgern gestellt worden.
Vorbereitung des Verfahrens mit e-Akte zumutbar
Das Oberlandesgericht Düsseldorf verwies darauf, dass angesichts der Tatsache, dass die elektronische Aktenbearbeitung mittlerweile in weiten Teilen der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung – auch der Gerichte – zum Alltag gehöre und den gezielten Zugriff auf bestimmte Informationen – gerade bei umfangreichem Verfahrensstoff – erheblich erleichtere, es auch einem Verteidiger zuzumuten sei, sich zunächst mit Hilfe der e-Akte in den Sachverhalt einzuarbeiten und erst auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche (zentralen) Aktenbestandteile für die weitere Verteidigung auch in Papierform benötigt werden.
Mögliche Gesetzeslücke im Hinblick auf die "Dokumentenpauschale" und den "Aufwandsentschädigungen" hier nicht entscheidungsrelevant
Ob die sich für Verteidiger im Falle von Massenausdrucken aus der so genannten "Dokumentenpauschale" (Nr. 7000 VV RVG Nr. 1 Buchstabe a) ergebenden "Aufwandsentschädigungen" vom gesetzgeberischen Willen bei der Einführung und weiteren Ausgestaltung der Dokumentenpauschale erfasst waren und in welcher Weise eine diesbezüglich unter Umständen bestehende Gesetzeslücke seitens der Gerichte zu behandeln sei, habe das Gericht derzeit (noch) nicht zu entscheiden.
Verteidiger sind nicht zum wahllosen Ausdruck aller überreichten Datenträger berechtigt
Hinsichtlich der Festsetzung der Dokumentenpauschale verwies das Oberlandesgericht darauf, dass der landgerichtliche Beschluss die Verteidiger allerdings nicht zum wahllosen Ausdruck aller überreichten Datenträger berechtige. Sein Anwendungsbereich sei vielmehr auf diejenigen digitalisierten Aktenteile beschränkt, die das Verfahren betreffen und auch der Kammer in Papierform vorliegen, wobei ein Ausdruck erkennbar doppelt eingestellter Inhalte im Interesse einer kostensparenden Mandatsausübung zu vermeiden sei. Angesichts der außergewöhnlichen Höhe angemeldeter Auslagen seien ferner an die Darlegung und Glaubhaftmachung entsprechend hohe Anforderungen zu stellen.
In Anwendung dieser Grundsätze hat das Oberlandesgericht in einem Fall den geltend gemachten Vorschuss auf voraussichtlich entstehende Auslagen in Höhe von 67.262,13 Euro auf 14.043,79 Euro herabgesetzt. In den zwei weiteren Fällen, über die das Gericht zu entscheiden hatte, komme die Festsetzung einer Dokumentenpauschale auf als entstanden angemeldeten Druckaufwand nicht in Betracht. So fehle in einem Fall eine nachvollziehbare Aufschlüsselung des geltend gemachten Druckvolumens von über 84.000 Blatt. Im anderen Fall habe der Pflichtverteidiger die Entstehung seiner Auslagen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe er die Fertigung der Ausdrucke anwaltlich versichert, eine entsprechende Besichtigung durch Vertreter der Staatskasse in seinen Büroräumen jedoch verweigert.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2014
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf/ra-online
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