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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil23.06.2008
Aufsichtsrat haftet persönlich für sittenwidriges und betrügerisches Verhalten des Vorstandes einer Aktiengesellschaft
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat einem Aktienanleger, der wie mehr als 6.000 andere, Aktien der mittlerweile insolventen R. Holding AG erworben hatte, einen Schadenersatzanspruch gegen den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden des Unternehmens zugesprochen.
Die Aktiengesellschaft hatte zwischen 1999 und 2000 zehn Aktienemissionen durchgeführt und an mehr als 6.000 Anleger außerbörslich Aktien veräußert. Insgesamt wurden ca. 42 Mio. € eingenommen. Die Gelder wurden nicht in werthaltige Anlagen investiert, sondern ganz überwiegend für Provisionszahlungen, luxuriöse Repräsentationsaufwendungen und Leasingfahrzeuge (BMW, Mercedes, Ferrari) verwandt. Die Aktiengesellschaft ist insolvent. Der Vorstandsvorsitzende ist inzwischen vom Landgericht Düsseldorf wegen Betruges und Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Gegen den Aufsichtsratvorsitzenden ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf (Aktenzeichen 130 Js 25/06).
Der Kläger hatte im August und Dezember 2000 über Telefonverkäufer für ca. 6.300 € Aktien der R. AG erworben und hat nach der Insolvenz des Unternehmens den damaligen Aufsichtsratvorsitzenden und den Vorstandsvorsitzenden auf Schadenersatz verklagt. Das Landgericht Düsseldorf hatte beide, den Aufsichtsrat- und Vorstandsvorsitzenden, am 6.11.2007 zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe rund 6.300 € verurteilt.
Landgericht: Aufsichtsratvorsitzender ist seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen und eine Schädigung der Anleger in Kauf genommen
Das Landgericht war davon ausgegangen, dass neben dem Vorstandsvorsitzenden auch der Aufsichtsratvorsitzende für die entstandenen Schäden persönlich hafte, weil er seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei. Der Aufsichtsratvorsitzende habe notwendige Nachforschungen bewusst unterlassen und daher zumindest bedingten Schädigungsvorsatz hinsichtlich einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers gehabt (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch). So habe er selbst dann keine Kontrollmaßnahmen ergriffen, als er keine Aufsichtsratvergütung mehr erhalten habe und ihm so die Illiquidität der Aktiengesellschaft aufgefallen sei.
OLG: Aufsichtsratvorsitzender hatte den Verdacht, dass es sich um eine betrügerische Aktiengesellschaft handelte
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf bestätigt. Zur Begründung hat der Senat ergänzend ausgeführt, dass der Aufsichtsratvorsitzende jedenfalls den dringenden Verdacht gehabt habe, dass es sich um eine betrügerische Aktiengesellschaft gehandelt habe. Er habe Beihilfe zum sittenwidrigen und betrügerischen Verhalten des Vorstandes geleistet, weil er von vornherein nicht beabsichtigt habe, die nötige Kontrolle auszuüben, und konkreten Verdachtsmomenten bewusst nicht nachgegangen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.08.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 20/08 des OLG Düsseldorf vom 01.08.2008
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