18.10.2024
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil23.06.2008

Aufsichtsrat haftet persönlich für sittenwidriges und betrügerisches Verhalten des Vorstandes einer Aktien­ge­sell­schaft

Der 9. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hat einem Aktienanleger, der wie mehr als 6.000 andere, Aktien der mittlerweile insolventen R. Holding AG erworben hatte, einen Schaden­er­satz­an­spruch gegen den damaligen Aufsichts­rats­vor­sit­zenden des Unternehmens zugesprochen.

Die Aktiengesellschaft hatte zwischen 1999 und 2000 zehn Aktie­n­e­mis­sionen durchgeführt und an mehr als 6.000 Anleger außerbörslich Aktien veräußert. Insgesamt wurden ca. 42 Mio. € eingenommen. Die Gelder wurden nicht in werthaltige Anlagen investiert, sondern ganz überwiegend für Provi­si­ons­zah­lungen, luxuriöse Reprä­sen­ta­ti­o­ns­auf­wen­dungen und Leasing­fahrzeuge (BMW, Mercedes, Ferrari) verwandt. Die Aktien­ge­sell­schaft ist insolvent. Der Vorstands­vor­sitzende ist inzwischen vom Landgericht Düsseldorf wegen Betruges und Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Gegen den Aufsichts­rat­vor­sit­zenden ermittelt die Staats­an­walt­schaft Düsseldorf (Aktenzeichen 130 Js 25/06).

Der Kläger hatte im August und Dezember 2000 über Telefon­ver­käufer für ca. 6.300 € Aktien der R. AG erworben und hat nach der Insolvenz des Unternehmens den damaligen Aufsichts­rat­vor­sit­zenden und den Vorstands­vor­sit­zenden auf Schadenersatz verklagt. Das Landgericht Düsseldorf hatte beide, den Aufsichtsrat- und Vorstands­vor­sit­zenden, am 6.11.2007 zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe rund 6.300 € verurteilt.

Landgericht: Aufsichts­rat­vor­sit­zender ist seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen und eine Schädigung der Anleger in Kauf genommen

Das Landgericht war davon ausgegangen, dass neben dem Vorstands­vor­sit­zenden auch der Aufsichts­rat­vor­sitzende für die entstandenen Schäden persönlich hafte, weil er seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht nachgekommen sei. Der Aufsichts­rat­vor­sitzende habe notwendige Nachforschungen bewusst unterlassen und daher zumindest bedingten Schädi­gungs­vorsatz hinsichtlich einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung des Klägers gehabt (§ 826 Bürgerliches Gesetzbuch). So habe er selbst dann keine Kontroll­maß­nahmen ergriffen, als er keine Aufsichts­rat­ver­gütung mehr erhalten habe und ihm so die Illiquidität der Aktien­ge­sell­schaft aufgefallen sei.

OLG: Aufsichts­rat­vor­sit­zender hatte den Verdacht, dass es sich um eine betrügerische Aktien­ge­sell­schaft handelte

Der 9. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Düsseldorf hat die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf bestätigt. Zur Begründung hat der Senat ergänzend ausgeführt, dass der Aufsichts­rat­vor­sitzende jedenfalls den dringenden Verdacht gehabt habe, dass es sich um eine betrügerische Aktien­ge­sell­schaft gehandelt habe. Er habe Beihilfe zum sittenwidrigen und betrügerischen Verhalten des Vorstandes geleistet, weil er von vornherein nicht beabsichtigt habe, die nötige Kontrolle auszuüben, und konkreten Verdachts­mo­menten bewusst nicht nachgegangen sei.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 20/08 des OLG Düsseldorf vom 01.08.2008

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