Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss18.04.1990
Rettung eines im Koma liegenden Wellensittichs rechtfertigt keine GeschwindigkeitsüberschreitungInteresse an Sicherheit für Leib und Leben von Menschen überwiegt Interesse an Rettung eines Tieres
Überschreitet ein Autofahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit, um einen Wellensittich zu retten, so kann er sich nicht auf einen rechtfertigenden Notstand gemäß § 16 OWiG berufen. Denn das Interesse an der Sicherheit für Leib oder Leben von Menschen überwiegt das Interesse an der Rettung eines Tieres. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall überschritt ein Autofahrer auf der Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 54 km/h. Als Begründung führte er an, dass er eine Frau mit ihrem im Koma liegenden Wellensittich möglichst schnell zu einem Tierarzt bringen wollte. Das Amtsgericht hielt dies für unbeachtlich und verhängte wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 450 DM. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des Autofahrers. Er berief sich auf einen rechtfertigenden Notstand nach § 16 OWiG.
Rettung eines Wellensittichs rechtfertigt keine Geschwindigkeitsüberschreitung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgte der Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Rechtsbeschwerde des Autofahrers zurück. Die beabsichtigte Rettung des Wellensittichs sei nicht nach § 16 OWiG gerechtfertigt gewesen. Denn dies hätte unter anderem vorausgesetzt, dass bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das Interesse an der Rettung des Tieres stärker zu bewerten sei, als das Interesse an der Sicherheit für Leib oder Leben von Menschen. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Das Interesse an der möglichst schnellen ärztlichen Behandlung eines erkrankten Tieres rechtfertige daher regelmäßig keine Geschwindigkeitsüberschreitung.
Irrtum über die Rechtfertigung war vermeidbar
Soweit der Autofahrer irrtümlich annahm, dass die Rettung eines Tieres eine Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertige, habe dies nach Auffassung des Oberlandesgerichts nichts an seiner Schuld geändert. Denn es habe ein vermeidbarer Verbotsirrtum vorgelegen. Der Autofahrer hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt wissen können, dass die möglichst rasche Behandlung eines erkrankten Tieres die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht rechtfertigt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2015
Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, ra-online (zt/NJW 1990, 2264/rb)