Oberlandesgericht Dresden Urteil10.02.2009
Normaler Nachbarlärm ist auch einer Anwaltskanzlei zumutbarGeräusche überschreiten nicht das im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs hinnehmbare Maß
Im Altbau kann es schon mal lauter zugehen als im Neubau. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden hervor. Nicht alles, was bei Neubauten üblich sei, könne auch bei Altbauten erwartet werden, urteilten die Richter. Sie wiesen daher die Klage eines Anwalts ab, der sich durch Lärm in einer über seiner Anwaltskanzlei befindlichen Wohnung gestört fühlte.
Der klagende Rechtsanwalt hat seine Vermieter auf Beseitigung von Gebrauchsbeeinträchtigungen seiner Kanzleiräume in Anspruch genommen, die durch Polter-, Stapf-, Hüpf-, Scharr- und Rollgeräusche sowie laute Musik aus der oberhalb der Kanzlei gelegenen Wohnung hervorgerufen würden. Hierfür kamen nach Auffassung des Klägers nur zwei mögliche Ursachen in Betracht: Entweder sei die Trittschalldämmung ungenügend oder die Mieter der Wohnung hielten ihre Kinder nicht hinreichend zur Rücksichtnahme an.
Geräusche im Rahmen - Beschaffenheit des Gebäudes ausschlaggebend - Altbau ist nicht Neubau
Das Landgericht Leipzig hat die Klage abgewiesen. Der 5. Zivilsenat hat dieses Urteil bestätigt, nachdem sich die Richter im Januar vor Ort einen eigenen Eindruck vom Ausmaß der Geräuschbelästigungen verschafft hatten. Diese hielten sich, so der Senat, im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache. Der Wohnungsmieter könne nur denjenigen Standard erwarten, der nach Alter, Ausstattung und Art des Gebäudes sowie Höhe der Miete der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Wohnungen entspreche. Nicht alles, was bei Neubauten üblich sei, könne auch bei Altbauten erwartet werden. Bei Räumen, die zu gewerblichen Zwecken vermietet würden, gelte nichts anderes. Der Kläger habe auch nicht allein wegen der von 1995 - 1997 erfolgten Sanierung des Altbaus einen Anspruch auf Einhaltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden technischen Normen und Regeln für neuerrichtete Räume.
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Vorliegende Geräuschbelästigungen sind noch sozialadäquat
Die Beweisaufnahme durch den Senat habe nicht ergeben, dass die Geräuschbelästigungen ein im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs hinnehmbares Maß überschritten. Der Vermieter sei nicht daran gehindert, die über den Räumen des Klägers liegende Wohnung an eine - auch lebhafte - Familie zu vermieten, die dort musiziert oder das Springen von Kindern zulässt. Nicht mehr hinzunehmen hätte es der Kläger, wenn die Belästigungen ein sozialadäquates Maß überstiegen. Das sei hier aber nicht der Fall.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.02.2009
Quelle: ra-online, OLG Dresden
der Leitsatz
Befinden sich in dem Gebäude, in dessen Erdgeschoss die zur Nutzung als Anwaltskanzlei gemieteten Räume liegen, in den darüberliegenden Stockwerken mehrere Wohnungen, gehören Geräuschimmissionen aus diesen Wohnungen zum vertragsgemäßen Gebrauch des gewerblich genutzten Objekts. Der Mieter kann dabei erwarten, dass sich die Nutzer der anderen Räume im Wesentlichen im Rahmen des ihnen zustehenden und der Verkehrssitte entsprechenden Gebrauchs halten. Er hat auch Anspruch darauf, dass durch die Beschaffenheit des Mietobjekts selbst das gewöhnliche Nutzungsverhalten der anderen Bewohner nicht zu einer unangemessenen Beeinträchtigung der vertraglichen Nutzung des Mietobjekts führt.