21.11.2024
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Oberlandesgericht Dresden Urteil24.09.2019

"Team Wallraff": Ausstrahlung heimlicher Videoaufnahmen im Pflegeheim teilweise zulässig

Das Oberlan­des­gericht Dresden hat entschieden, dass heimlich hergestellte und später verbreitete Videoaufnahmen von zwei Pflegerinnen, die im Rahmen der Sendereihe "Team Wallraff" bei einem Privatsender ausgestrahlt wurden, teilweise zulässig sind.

Die Verfü­gungs­klä­ge­rinnen des zugrunde liegenden Falls sind Pflegerinnen in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung eines Klinikums. Dort hatte sich der für die Verfü­gungs­be­klagte zu 2) tätige Verfü­gungs­be­klagte zu 1) eingeschlichen und heimlich Filmaufnahmen gefertigt, die von der Verfü­gungs­be­klagten zu 2) in einer Reportage verwendet wurden. Dieser Beitrag wurde im Fernsehen ausgestrahlt.

LG: Vorgenommene unfaire Zuspitzungen mit journa­lis­tischer Sorgfalt unvereinbar

Mit dem angefochtenen Urteil verurteilte das Landgericht die Verfü­gungs­be­klagten, es zusammen mit den in dem Film zu sehenden Bildern zu unterlassen, zu behaupten, die Verfü­gungs­klägerin zu 1) habe wahrgenommen, dass ein Patient in die Ecke eines Raumes uriniert habe, ohne etwas zu unternehmen; die Verfü­gungs­klägerin zu 2) habe einem Patienten unbemerkt Medikamente "unters Essen gemischt". Beide Verfü­gungs­klä­ge­rinnen seien zwar anonymisiert worden, für ihren Bekanntenkreis jedoch noch gut erkennbar gewesen. Die über die Verfü­gungs­klägerin zu 1) aufgestellte Behauptung sei unrichtig, weil diese am Tag der heimlichen Filmaufnahmen im Urlaub gewesen sei. Die Verfü­gungs­klägerin zu 2) werde durch eine unvollständige Berich­t­er­stattung in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, weil die Verabreichung der Medikamente mit Wissen und Wollen der Betreuerin des Patienten erfolgt sei, der Verhütung eines schweren Epilep­sie­schubes diene und dem Verfü­gungs­be­klagten zu 1) auch so erläutert worden sei. Beide Klägerinnen hätten darüber hinaus einen Anspruch auf Löschung der unter Verstoß gegen § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB zustande gekommenen Tonaufnahmen sowie der Einblendungen in Textform. Zwar seien heimliche Filmaufnahmen unter Berück­sich­tigung der hiermit verfolgten Zwecke nicht grundsätzlich unzulässig. Die hier vorgenommenen unfairen Zuspitzungen seien jedoch mit journa­lis­tischer Sorgfalt unvereinbar.

Beklagte verweisen auf Verpixelung und Anonymisierung der Betroffenen

Mit der Berufung vertraten die Verfü­gungs­be­klagten unter anderen die Auffassung, dass das Landgericht fehlerhaft angenommen habe, dass die Verfü­gungs­klä­ge­rinnen auf den Aufnahmen erkennbar seien, obwohl diese verpixelt und ihre Stimmen anonymisiert worden seien. Eine bloß theoretische Identi­fi­zier­barkeit reiche nicht aus. Bei der Abwägung der betroffenen Belange habe das Landgericht außer Acht gelassen, dass eine rechtswidrige Zwangs­me­di­kation vorgelegen habe, die dazu habe dienen sollen, den Patienten ruhigzustellen.

Hinweis auf offen­sicht­lichen Missstand ist höher zu gewichten

Das Oberlan­des­gericht Dresden verwies in seiner Entscheidung darauf, dass bei heimlichen Bild- und Tonaufnahmen zwar eine Vermutung für deren Unzulässigkeit spreche. Nach Abwägung zwischen dem Persön­lich­keitsrecht der Verfü­gungs­klägerin zu 2), die bei der verdeckten Verabreichung von Medikamenten in verpixelter Form und mit verfremdeter Stimme zu sehen war, sei im konkreten Fall aber das Interesse der Verfü­gungs­be­klagten, auf diesen offen­sicht­lichen Missstand hinzuweisen, höher zu gewichten, zumal die Klägerin als Mitarbeiterin nicht vergleichbar schutzbedürftig sei wie ein Bewohner der Einrichtung und zudem nicht erkennbar dargestellt werde.

Mitarbeiterin trotz Verpixelung erkannt worden

Demgegenüber müsse es sich die andere betroffene Pflegerin (Verfü­gungs­klägerin zu 1) nicht gefallen lassen, in einer Szene als teilnahmslos gegenüber der Verunreinigung eines Aufent­haltsraums durch einen Bewohner des Heims dargestellt zu werden, obwohl sie unstreitig in der dargestellten Situation nicht anwesend gewesen sei. Dass sie trotz Verfremdung ihrer Gestalt und Stimme in ihrem Bekanntenkreis tatsächlich erkannt worden sei, habe sie hinreichend glaubhaft gemacht.

Quelle: Oberlandesgericht Dresden/ra-online (pm/kg)

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