Oberlandesgericht Dresden Urteil08.03.2022
Dauerhafte Deaktivierung eines Kontos in sozialem Netzwerk setzt vorherige Abmahnung vorausKein Absehen von Abmahnung wegen bereits in Vergangenheit erfolgter Löschungen unzulässiger Beiträge
Die dauerhafte Deaktivierung eines Kontos in einem sozialen Netzwerk setzt eine vorherige Abmahnung voraus. Eine solche ist auch dann nicht entbehrlich, wenn in der Vergangenheit schon mehrfach unzulässige Beiträge des Nutzer gelöscht wurden. Dies hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Nutzer eines sozialen Netzwerks verlinkte auf seinem Profil mehrere Videos, die sich in unterstützender Weise mit der Identitären Bewegung befassten. Die Netzwerkbetreiberin löschte sämtliche Verlinkungen. Nachdem der Nutzer erneut Videos über die Identitäre Bewegung verlinkte, deaktivierte die Netzwerkbetreiberin im Februar 2020 das Konto des Nutzers dauerhaft. Der Nutzer erhob daraufhin Klage auf Wiederherstellung seines Kontos. Das Landgericht Leipzig wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.
Unzulässigkeit der dauerhafte Deaktivierung des Kontos wegen fehlender Abmahnung
Das Oberlandesgericht Dresden entschied zu Gunsten des Klägers. Er habe einen Anspruch auf Wiederherstellung seines Nutzerkontos. Die dauerhafte Deaktivierung des Kontos sei unzulässig gewesen. Denn es habe an einer vorherigen Abmahnung gefehlt. In der Verlinkung der Videos in Kenntnis der Löschung der ersten Verlinkungen liege kein Verhalten, das ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung rechtfertige. Der von einer Löschung seiner Beiträge betroffene Nutzer könne daraus nicht entnehmen, dass der Netzwerkbetreiber aufgrund einer eingehenden Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen zu dieser Entscheidung gelangt ist, eine Wiederholung seines Verhaltens daher mit der Gefahr einer Kündigung verbunden ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2022
Quelle: Oberlandesgericht Dresden, ra-online (vt/rb)