15.11.2024
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Dokument-Nr. 27046

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Oberlandesgericht Celle Urteil19.11.2018

Versicherer muss nachvoll­ziehbare Begründung für Verweigerung von Zahlungen aus Berufs­un­fä­higkeits-Zusatz­ver­si­cherung angebenUnter­schiedliche Bewertungen des unveränderten Gesundheits­zu­standes durch Gutachter geben Versicherer kein Recht zur Leistungs­ein­stellung

Das Oberlan­des­gericht Celle hat noch einmal betont, dass ein Versicherer eine nachvoll­ziehbare Begründung angeben muss, wenn er aus einer Berufs­un­fä­higkeits-Zusatz­ver­si­cherung nicht mehr zahlen will.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls hatte bei der Beklagten eine Lebens­ver­si­cherung mit einge­schlossener Berufs­un­fä­higkeits-Zusatz­ver­si­cherung abgeschlossen, aus der er infolge einer durch unfallbedingt erlittene Beein­träch­ti­gungen eingetretenen Berufsunfähigkeit Leistungen erhielt, die die Beklagte gegenüber dem Kläger zunächst schriftlich und zeitlich unbefristet anerkannt hatte. Weniger als ein Jahr später hatte die Beklagte dem Kläger jedoch mitgeteilt, dass die Leistungs­vor­aus­set­zungen nicht mehr vorlägen und deshalb keine Versi­che­rungs­leis­tungen mehr erbracht würden. Der Kläger hatte die Beklagte vor dem Landgericht u.a. auf Zahlung der vereinbarten Berufungs­un­fä­hig­keitsrente in Anspruch genommen. Gegen das der Klage stattgebende Urteil wandte sich die Beklagte mit der Berufung, die jedoch überwiegend keinen Erfolg hatte.

Versicherer kann sich nach unein­ge­schränktem Anerkenntnis nicht mehr auf fehlende Voraussetzungen für Versi­che­rungsfall berufen

Das Oberlan­des­gericht Celle entschied, dass der Versicherer durch das unein­ge­schränkte Anerkenntnis die Möglichkeit verloren habe, sich später auf das Fehlen der beruflichen oder gesund­heit­lichen Voraussetzungen des Versi­che­rungsfalls zu berufen oder eine zum Zeitpunkt der Abgabe bereits vorhandene Verwei­sungs­mög­lichkeit nachzuschieben. Von ihrer Leistungs­pflicht könne die Beklagte nur unter den in den Versi­che­rungs­be­din­gungen vereinbarten besonderen Voraussetzungen wieder frei werden. Danach muss der Versicherer keine Leistungen mehr erbringen, wenn der Versicherte aufgrund eingetretener Veränderungen nicht mehr (zu mindestens 50 %) berufsunfähig ist und der Versicherer dies mitteilt.

Versicherer muss nachvoll­ziehbare Begründung für Leistungs­ein­stellung darlegen

An eine solche die Leistungs­pflicht beendende Einstel­lungs­mit­teilung sind besonderen Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss sie eine nachvoll­ziehbare Begründung für die Leistungs­ein­stellung enthalten, die den Versi­che­rungs­nehmer in die Lage versetzt, seine Prozessrisiken abzuschätzen, wenn er die Mitteilung nicht akzeptiert. Dazu gehöre, dass der Versicherer dem Versi­che­rungs­nehmer etwaig eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zugänglich macht, auf die der Versicherer seine Entscheidung stützt, und dem Versi­che­rungs­nehmer die Vergleichs­be­trachtung aufgezeigt werde, die nach Ansicht des Versicherers zur Beendigung der Leistungs­pflicht geführt habe. Dies erfordere eine Vergleichs­be­trachtung des Gesund­heits­zu­standes des Versicherten, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt habe, mit dem (angeblich) veränderten Gesund­heits­zustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Leistungs­ein­stellung.

Gegen­über­stellung der geschätzten Grade der Berufs­un­fä­higkeit zum damaligen und jetzigen Zeitpunkt nicht ausreichend

Die formellen Anforderungen an eine solche Leistungs­ein­stellung dürften nach Ansicht des Gerichts nicht überspannt werden. Ein gesonderter Bescheid sei nicht erforderlich, vielmehr könne der notwendige Vortrag dazu, dass und ab welchem Zeitpunkt der Versicherte wieder berufsfähig sei und aus welchen veränderten Umständen sich dies ergebe auch noch im Rechtsstreit selbst erhoben werden. In dem vom Gericht zu entscheidenden Sachverhalt habe der Versicherer dazu aber nicht ausreichend vorgetragen, weshalb die Leistungs­pflicht der Beklagten fortbestehe. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs (Urteil vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98) hob das Gericht hervor, dass es insbesondere nicht genüge, dass der Versicherer lediglich die von ärztlichen Gutachtern geschätzten Grade der Berufs­un­fä­higkeit zum damaligen und jetzigen Zeitpunkt gegenüberstelle. Wegen des den Ärzten zuzubilligenden Beurtei­lungs­spielraums, der Raum für individuell unter­schiedliche Schätzungen lasse, bestehe nämlich die Möglichkeit, dass verschiedene Ärzte demselben Gesund­heits­zustand verschiedene Grade der Berufs­un­fä­higkeit zuordnen. Deshalb lasse sich nicht ausschließen, wenn ein früheres und ein späteres Gutachten verschiedene Grade der Berufs­un­fä­higkeit angeben, dass dem Unterschied keine Gesund­heit­s­än­derung, sondern lediglich verschiedene subjektive Maßstäbe der verschiedenen Gutachter zugrunde liegen. Eine unter­schiedliche Bewertung des unveränderten Gesund­heits­zu­standes gebe dem Versicherer aber kein Recht zur Leistungs­ein­stellung.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online (pm)

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