21.11.2024
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Oberlandesgericht Celle Urteil26.03.2015

Bisse durch Bettwanzen rechtfertigen Reise­preis­min­derung und SchmerzensgeldReise­ver­an­stalter muss zur Entlastung Maßnahmen gegen Ungezie­fer­befall nachweisen

Leidet ein Reisender unter Bissen von Bettwanzen, steht ihm ein Anspruch auf Reise­preis­min­derung und Schmerzensgeld zu. Der Reise­ver­an­stalter kann sich dadurch entlasten, dass er nachweist, welche hygienischen Maßnahmen in dem Hotel getroffen wurden, um ein Befall mit Bettwanzen möglichst zu verhindern. Einem Hotelier ist es zuzumuten, das Zimmerpersonal anzuweisen, bei jedem Bettwä­sche­wechsel nach typischen Spuren von Bettwanzen zu suchen und das Hotelpersonal dementsprechend zu schulen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Celle entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während einer 13-tägigen Reise auf einer der kanarischen Inseln war eine Familie in den ersten drei Tagen Bettwanzen ausgesetzt. Die Wanzen bissen die Reisenden und verursachten dadurch juckende und entstellende Quaddeln. Die Reisenden erhielten daraufhin ein anderes Hotelzimmer. Während der Ehemann für die nächsten acht Tage unter den Bissfolgen litt, hatte die Ehefrau die letzten zehn Tage mit den Folgen der Bisse zu kämpfen. Sie verfügte über mehrere hundert Bisse und reagierte wesentlich stärker auf die Bisse als ihr Ehemann. Nachfolgend klagten beide gegen die Reise­ver­an­stalterin auf Reisepreisminderung und Schmerzensgeld.

Landgericht bejaht Reise­preis­min­derung, verneint aber Schmer­zens­geldan­spruch

Das Landgericht Hannover sprach den Klägern zwar einen Anspruch auf Reise­preis­min­derung zu, verneinte aber einen Schmer­zens­geldan­spruch. Denn seiner Ansicht nach habe die Reise­ver­an­stalterin nachweisen können, dass ihr kein Verschulden am Befall durch Bettwanzen vorzuwerfen sei. Da dies seit längerer Zeit der erste derartige Fall im Hotel gewesen sei, habe der Hotelier mit dem Ungezie­fer­befall nicht rechnen müssen. Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Berufung ein.

Oberlan­des­gericht bejaht Anspruch auf Reise­preis­min­derung und Schmerzensgeld

Das Oberlan­des­gericht Celle entschied zu Gunsten der Kläger und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Den Klägern habe sowohl ein Anspruch auf Reise­preis­min­derung als auf Schmerzensgeld zugestanden.

Höhe der Reise­preis­min­derung

Der Anspruch auf Reise­preis­min­derung nach § 651 d Abs. 1 BGB habe sich nach Ansicht des Oberlan­des­gericht daraus ergeben, dass aufgrund des Ungezie­fer­befalls, dessen Bisse das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt habe, im ersten Hotelzimmer ein Reisemangel vorgelegen habe. Der Reisepreis sei für die ersten drei Tage angesichts der Unsicherheit woher die Blutspuren im Bett stammen zu 10 % gemindert gewesen. Zu 50 % sei der Reisepreis für den Ehemann aufgrund der körperlichen Beein­träch­ti­gungen durch die Bisse für die nächsten acht Tage gemindert gewesen. Der Ehefrau habe für die restlichen zehn Tage eine Minderung von 75 % zugestanden, da sie stärker und länger unter den Bisswunden gelitten habe. Dem Ehemann sei schließlich eine Minderung für die letzten zwei Tage anzuerkennen gewesen, da er unter den anhaltenden Beein­träch­ti­gungen seiner Ehefrau gelitten habe.

Schmer­zens­geldan­spruch aufgrund Verschuldens der Reise­ver­an­stalterin

Den Klägern habe nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts zudem ein Schmer­zens­geldan­spruch zugestanden. Die Beklagte habe ein fehlendes Verschulden an dem Ungezie­fer­befall nicht nachweisen können. Ihr sei insofern ein Organi­sa­ti­o­ns­ver­schulden des Hoteliers zuzurechnen gewesen. Dem Hotelier hätte bewusst sein müssen, dass Bettwanzen in Hotelanlagen ein weit verbreitetes Phänomen sind. Er hätte daher hygienische Maßnahmen ergreifen müssen, um ein Befall mit Bettwanzen möglichst zu verhindern. Es sei ihm zuzumuten gewesen, das Zimmerpersonal anzuweisen, bei jedem Bettwä­sche­wechsel nach typischen Spuren von Bettwanzen zu suchen und das Hotelpersonal dementsprechend zu schulen.

Höhe des Schmerzensgelds

Dem Ehemann habe ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zugestanden, so das Oberlan­des­gericht. Zwar habe er unter juckenden Quaddeln für etwa eine Woche gelitten. Diese Beein­träch­tigung komme wirklichen Körperschäden und Krankheiten aber kaum gleich. Vielmehr bestehe eine Vergleich­barkeit zu einem leichten HWS-Syndrom. Die Ehefrau habe dagegen ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro verlangen können, da sie unter mehreren hundert Bissen gelitten und ihr Körper auf die Bisse überdurch­schnittlich stark reagiert hatte.

Quelle: Oberlandesgricht Celle, ra-online (vt/rb)

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