Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Während einer 13-tägigen Reise auf einer der kanarischen Inseln war eine Familie in den ersten drei Tagen Bettwanzen ausgesetzt. Die Wanzen bissen die Reisenden und verursachten dadurch juckende und entstellende Quaddeln. Die Reisenden erhielten daraufhin ein anderes Hotelzimmer. Während der Ehemann für die nächsten acht Tage unter den Bissfolgen litt, hatte die Ehefrau die letzten zehn Tage mit den Folgen der Bisse zu kämpfen. Sie verfügte über mehrere hundert Bisse und reagierte wesentlich stärker auf die Bisse als ihr Ehemann. Nachfolgend klagten beide gegen die Reiseveranstalterin auf Reisepreisminderung und Schmerzensgeld.
Das Landgericht Hannover sprach den Klägern zwar einen Anspruch auf Reisepreisminderung zu, verneinte aber einen Schmerzensgeldanspruch. Denn seiner Ansicht nach habe die Reiseveranstalterin nachweisen können, dass ihr kein Verschulden am Befall durch Bettwanzen vorzuwerfen sei. Da dies seit längerer Zeit der erste derartige Fall im Hotel gewesen sei, habe der Hotelier mit dem Ungezieferbefall nicht rechnen müssen. Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Celle entschied zu Gunsten der Kläger und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Den Klägern habe sowohl ein Anspruch auf Reisepreisminderung als auf Schmerzensgeld zugestanden.
Der Anspruch auf Reisepreisminderung nach § 651 d Abs. 1 BGB habe sich nach Ansicht des Oberlandesgericht daraus ergeben, dass aufgrund des Ungezieferbefalls, dessen Bisse das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt habe, im ersten Hotelzimmer ein Reisemangel vorgelegen habe. Der Reisepreis sei für die ersten drei Tage angesichts der Unsicherheit woher die Blutspuren im Bett stammen zu 10 % gemindert gewesen. Zu 50 % sei der Reisepreis für den Ehemann aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen durch die Bisse für die nächsten acht Tage gemindert gewesen. Der Ehefrau habe für die restlichen zehn Tage eine Minderung von 75 % zugestanden, da sie stärker und länger unter den Bisswunden gelitten habe. Dem Ehemann sei schließlich eine Minderung für die letzten zwei Tage anzuerkennen gewesen, da er unter den anhaltenden Beeinträchtigungen seiner Ehefrau gelitten habe.
Den Klägern habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts zudem ein Schmerzensgeldanspruch zugestanden. Die Beklagte habe ein fehlendes Verschulden an dem Ungezieferbefall nicht nachweisen können. Ihr sei insofern ein Organisationsverschulden des Hoteliers zuzurechnen gewesen. Dem Hotelier hätte bewusst sein müssen, dass Bettwanzen in Hotelanlagen ein weit verbreitetes Phänomen sind. Er hätte daher hygienische Maßnahmen ergreifen müssen, um ein Befall mit Bettwanzen möglichst zu verhindern. Es sei ihm zuzumuten gewesen, das Zimmerpersonal anzuweisen, bei jedem Bettwäschewechsel nach typischen Spuren von Bettwanzen zu suchen und das Hotelpersonal dementsprechend zu schulen.
Dem Ehemann habe ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zugestanden, so das Oberlandesgericht. Zwar habe er unter juckenden Quaddeln für etwa eine Woche gelitten. Diese Beeinträchtigung komme wirklichen Körperschäden und Krankheiten aber kaum gleich. Vielmehr bestehe eine Vergleichbarkeit zu einem leichten HWS-Syndrom. Die Ehefrau habe dagegen ein Schmerzensgeld von 1.000 Euro verlangen können, da sie unter mehreren hundert Bissen gelitten und ihr Körper auf die Bisse überdurchschnittlich stark reagiert hatte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.11.2016
Quelle: Oberlandesgricht Celle, ra-online (vt/rb)