18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen den Auspuff eines Autos.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Bremen Urteil29.05.2008

Kein Verschulden einer Mutter, die ihr Kind auf dem Rücksitz anschnallt, wenn die Tür ihres parkenden Pkw von einem vorbeifahrenden Pkw wegen fehlenden Sicher­heits­ab­standes beschädigt wirdZu den Sorgfalts­pflichten beim Ein- und Aussteigen

Das Hanseatische Oberlan­des­gericht in Bremen hat entschieden, dass eine Mutter kein Verschul­dens­vorwurf trifft, wenn sie beim Anschnallen ihres Kindes in einem am Straßenrand parkenden Pkw die hintere Tür auf der Fahrerseite des Pkw öffnet und diese Tür von einem herannahenden Pkw allein deshalb beschädigt wird, weil der Fahrer den erforderlichen Seitenabstand nicht eingehalten hat.

Die Ehefrau des Klägers parkte den Pkw des Klägers am 15.12.2006 erlaubter Weise am rechten Fahrbahnrand des D.-Wegs in Bremerhaven. Nachdem sie Einkäufe erledigt hatte, setzte sie von der Beifahrerseite aus zunächst ihren Sohn auf seinen Kindersitz und schnallte ihn an. Dann ging sie, ohne dass ein herannahendes Fahrzeug zu sehen gewesen wäre, mit der jüngeren Tochter auf dem Arm von hinten um den Wagen herum, um das Kind von der Fahrerseite aus hinzusetzen. Als sie, am Fahrbahnrand stehend, die hintere Fahrzeugtür zu Dreiviertel geöffnet hatte, vergewisserte sie sich nochmals der Verkehrslage und schnallte die Tochter an. In diesem Moment fuhr der 83-jährige Beklagte in der Annahme ausreichenden Abstand gewahrt zu haben, gegen die in die Fahrbahn hineinragende Tür des Kläger­fahr­zeuges. Es entstand ein Sachschaden von insgesamt EUR 6.070,82.

Landgericht sprach der Ehefrau ein Mitverschulden zu

Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Ehefrau von 40 % angenommen und die Klageforderung entsprechend gekürzt. Der Kläger selbst geht von einer Haftungsquote von 20 % aus und greift das Urteil des Landgerichts an, soweit er zu einer Quote von mehr als 20 % verurteilt wurde. Die Berufung hatte Erfolg.

Oberlan­des­gericht sieht bei der Ehefrau kein Mitverschulden - Keine Gefährdung im Sinne des § 14 StVO

Zur Begründung hat das Oberlan­des­gericht ausgeführt, dass die Ehefrau des Klägers nach § 14 der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO, Text ist unten abgedruckt) zwar verpflichtet gewesen sei, sich so zu verhalten, dass durch das Öffnen der Pkw-Tür eine Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer ausgeschlossen war. Anders als das Landgericht war das OLG aber nicht der Auffassung, dass die Ehefrau des Klägers beide Kinder von der Beifahrerseite aus in ihre Kindersitze hätte setzen müssen. Nach den - unstreitigen - Feststellungen des Landgerichts hatte sich die Ehefrau des Klägers vor und während des Einstei­ge­ma­növers hinreichend vergewissert, dass sich kein rückwärtiger Verkehr näherte. Eine Gefährdung im Sinne des § 14 StVO könne aber nur dann angenommen werden, wenn das Öffnen der Tür unvermittelt geschehe und einen anderen Verkehrs­teil­nehmer zu plötzlichem Reagieren zwinge. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen, weil der Beklagte die Gefah­ren­si­tuation richtig erkannt und sich lediglich bei dem notwendigen seitlichen Abstand zum Klägerfahrzeug verschätzt hatte.

Auszug aus dem Gesetz:

§ 14 StVO: Sorgfalts­pflichten beim Ein- und Aussteigen

(1) Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer ausgeschlossen ist.

(2) Verläßt der Führer sein Fahrzeug, so muss er die nötigen Maßnahmen treffen, um Unfälle oder Verkehr­s­s­tö­rungen zu vermeiden. Kraftfahrzeuge sind auch gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Hanseatischen OLG in Bremen vom 29.05.2008

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6133

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI