21.11.2024
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Oberlandesgericht Braunschweig sonstiges26.04.2022

„Nachtrunk“ befreit Versicherung von Leistungs­pflichtObliegenheits­verletzung des Versicherungs­nehmers führt zur Leistungs­freiheit der Versicherung

Kommt es zu einem Unfall, ist eine KFZ-Versicherung darauf angewiesen, von ihrem Versi­che­rungs­nehmer umfassend über den Hergang informiert zu werden. Verstößt der Versi­che­rungs­nehmer gegen diese Obliegenheit, kann dies im Einzelfall dazu führen, dass die Versicherung von ihrer Leistungs­pflicht befreit ist. Dies hat das Oberlan­des­gericht Braunschweig entschieden.

Der klagende Versi­che­rungs­nehmer fuhr mit seinem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gegen eine Laterne. Er wartete nicht an der Unfallstelle, sondern begab sich zu dem nahegelegenen Haus seiner Eltern. Seine Eltern nahmen die Polizeibeamten am Unfallort in Empfang. Die von der Polizei ca. 1,5 Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe des Klägers wies 2,79 Promille auf. Der Kläger behauptete, nach dem Unfall ,7 l Wodka getrunken und sich schlafen gelegt zu haben. Mit seiner Klage begehrte er den Ersatz der an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden sowie die Zahlung der Reparaturkosten für die Laterne. Die beklagte Versicherung lehnte dies aufgrund der erheblichen Alkoholisierung des Klägers ab. Den behaupteten „Nachtrunk“ erachtete sie nicht als plausibel.

LG: Kein Versi­che­rungs­schutz wegen alkohol­be­dingter absoluter Fahrun­tüch­tigkeit

Das Landgericht Braunschweig wies die Klage ab. Es sei aufgrund des gesamten Akteninhalts und der erhobenen Beweise von einer alkohol­be­dingten absoluten Fahruntüchtigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Unfalls auszugehen. Nach den vereinbarten Versi­che­rungs­be­din­gungen bestehe danach kein Versicherungsschutz. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung mit der Begründung ein, der seitens des Gerichts bestellte Gutachter habe letztendlich nicht ausschließen können, dass der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls nüchtern gewesen sei.

OLG sieht keine Veranlassung zu weiterer Aufklärung

Das OLG sah hingegen keine Veranlassung weiter aufzuklären, ob der Kläger das Fahrzeug alkoholisiert geführt habe, oder aber ob der hohe Blutalkoholwert auf einen „Nachtrunk“ zurückzuführen sei. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund des geltenden Versi­che­rungs­ver­trages nebst den allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen nach Eintritt eines Versi­che­rungs­falles verpflichtet ist, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadens dient. Die Auskunfts­pflicht erschöpft sich dabei nicht nur in der bloßen Weitergabe von Informationen, sondern erfasst auch das Verhalten des Versicherten am Unfallort.

Oblie­gen­heits­ver­letzung durch Versi­che­rungs­nehmer

Danach obliegt es dem Versicherten, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zum Beispiel zum Drogen- und Alkoholkonsum des Fahrers zu ermöglichen. Der Versicherer muss die Möglichkeit haben, sämtliche mit dem Schaden­se­r­eignis zusam­men­hän­genden Tatsachen, aus denen sich gerade auch eine Leistungs­freiheit ergeben könnte, zu überprüfen. Dies hat der Kläger mit seinem behaupteten Nachtrunk vereitelt. Eine verlässliche Bestimmung der Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration zum Unfallzeitpunkt, die in diesem Fall am Unfallort routinemäßig zu erwarten gewesen wäre, war nicht mehr durchführbar.

Berufung nach Hinweis zurückgenommen

Nachdem das OLG den Kläger auf seine tatsächliche und rechtliche Bewertung hingewiesen hatte, hat der Kläger seiner Berufung gegen das landge­richtliche Urteil zurückgenommen.

Quelle: Oberlandesgericht Braunschweig, ra-online (pm/ab)

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