Oberlandesgericht Brandenburg Beschluss19.01.2007
Scheidung trotz Furcht vor dem Alleinsein und fehlender Hilfe durch anderen EhegattenHärtefallregelung des § 1568 BGB greift nicht
Befürchtet ein Ehegatte das Alleinsein und die fehlende Hilfe des anderen Ehegatten nach der Scheidung, rechtfertigt dies nicht die Aufrechterhaltung der Ehe. Ein Härtefall im Sinne von § 1568 BGB liegt in solchen Umständen nicht. Dies hat das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem ein Ehepaar bereits seit drei Jahren getrennt war, beantragte die Ehefrau im Jahr 2005 die Scheidung. Das Amtsgericht Oranienburg gab dem Scheidungsantrag statt. Dagegen wollte der bald 80-jährige Ehemann Berufung einlegen. Er führte an, dass für ihn die Scheidung aufgrund seines hohen Alters unzumutbar sei. Zudem fürchte er das Alleinsein und er vermisse die Hilfe seiner Ehefrau bei der Pflege des Grundstücks und der sonstigen Haushaltsangelegenheiten. Zwecks Einlegung der Berufung beantragte er daher die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Das Amtsgericht lehnte den Antrag aufgrund fehlender Erfolgsaussicht der Berufung ab. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Ehemanns.
Keine Aufrechterhaltung der Ehe aufgrund unzumutbarer Härte
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und wies daher die Beschwerde des Ehemanns zurück. Prozesskostenhilfe sei nicht zu gewähren, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Ehe sei auch unter Berücksichtigung der Härteregelung nach § 1568 BGB nicht aufrechtzuerhalten. Die Vorschrift verhindere aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Scheidung zur Unzeit, weshalb an der Feststellung der schweren Härte ein strenger Maßstab anzulegen sei, der nur bei außergewöhnlichen Tatsachen vorliegen könne. So lag der Fall hier nicht.
Keine unzumutbare Härte aufgrund hohen Alters
Das hohe Alter des Ehemanns könne nach Ansicht des Oberlandesgerichts die Anwendung der Härteregelung nicht rechtfertigen. Hohes Alter und Einsamkeit nach der Scheidung genügen zur Annahme eines Härtegrunds nicht, da dies nicht ungewöhnlich sei.
Furcht vor Alleinsein und fehlende Hilfe begründen ebenfalls keinen Härtegrund
Bei der Furcht vor dem Alleinsein sowie der fehlenden Hilfe handele es sich um Härten, so das Oberlandesgericht, die mit jeder Trennung und Scheidung üblicherweise verbunden seien. Derartige Härten könnten die Anwendung des § 1568 BGB nicht begründen, zumal sie sich durch Aufnahme einer neuen Partnerschaft oder durch Inanspruchnahme familiärer, freundschaftlicher oder professioneller Hilfestellungen zumeist beseitigen oder vermindern lassen. Unabhängig davon seien beherrschbare körperliche und seelische Belastungen keine Gründe, die einen Härtefall rechtfertigen würden. So können sich Belastungen durch Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe beherrschen lassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.06.2018
Quelle: Oberlandesgericht Brandenburg, ra-online (vt/rb)