Dokument-Nr. 23674
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- NJW-Spezial 2016, 229Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 229
- Amtsgericht Strausberg, Beschluss06.11.2014, 2.2 F 196/12
- Kein Anspruch auf gemeinsame elterliche Sorge für uneheliches Kind bei fehlender Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der ElternOberlandesgericht Brandenburg, Beschluss19.09.2013, 9 UF 96/11
- Entziehung der elterlichen Sorge: Kein Anspruch des Kindes auf Idealeltern und optimale FörderungOberlandesgericht Hamm, Beschluss12.07.2013, 2 UF 227/12
Oberlandesgericht Brandenburg Beschluss15.02.2016
Keine gemeinsame elterliche Sorge bei fehlender Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der getrennt lebenden ElternAlleinübertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil bei Kindeswohlgefährdung aufgrund Streitigkeiten
Fehlt es an der Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der getrennt lebenden Eltern bezüglich gemeinsamer Kinder, so kommt eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht. Besteht aufgrund der Streitigkeiten der Eltern eine Kindeswohlgefährdung, so ist die Übertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil geboten. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall stritten sich die Eltern um die elterliche Sorge ihrer zwei minderjährigen Kinder. Die Eltern waren nicht miteinander verheiratet und lebten seit Dezember 2011 getrennt. Zwischen den Eltern bestand ein erhebliches Konfliktpotential bezüglich der Kinder. Die Mutter warf dem Vater mehrere Fehlverhalten vor. Unter anderem wurde von ihr der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der Kinder durch den Vater erhoben, welcher sich nachträglich aber als unzutreffend erwies. Aufgrund der erheblichen Streitigkeiten beantragte der Vater im Juli 2012, ihm die elterliche Sorge für beide Kinder allein zu übertragen. Dem trat die Mutter entgegen und verlangte die Übertragung der elterlichen Sorge an sich allein. Das Amtsgericht Strausberg hielt eine gemeinsame elterliche Sorge für richtig. Dagegen richtete sich die Beschwerde sowohl der Mutter als auch des Vaters.
Kindeswohlgefährdung sprach gegen gemeinsame elterliche Sorge
Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied zu Gunsten der Mutter und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile habe nicht dem Wohl der Kinder entsprochen. Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis bestehe, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, sei die erzwungene gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich. Dies gelte unabhängig davon, welcher Elternteil für die fehlende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit verantwortlich sei. Es komme entscheidend darauf an, ob die gemeinsame elterliche Sorge voraussichtlich nachteilige Folgen für das Kind habe. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Eltern seien durchgreifend zerstritten gewesen. Eine Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit habe nicht bestanden.
Nachlassen der Streitigkeiten bei Übertragung der elterlichen Sorge auf ein Elternteil
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sei zu erwarten, dass die Streitigkeiten um die kindlichen Belange nachlassen werden, wenn die Eltern nicht in allen wesentlichen Kindesbelangen ein Einvernehmen erzielen müssen. Denn sie seien nicht gegen ihren erklärten Willen gezwungen, sich miteinander über wesentliche Fragen zu verständigen.
Übertragung der elterlichen Sorge auf Mutter
Das Oberlandesgericht übertrug die elterliche Sorge auf die Mutter, da dies dem Wohl beider Kinder am besten entsprochen habe. Dafür habe zunächst der Kontinuitätsgrundsatz gesprochen. Die Kinder lebten seit der Trennung der Eltern im Haushalt der Mutter. Diese habe die Kinder überwiegend betreut und erzogen. Die Kinder seien gut in die soliden familiären Strukturen der mütterlichen Familie eingebunden. Aus diesem Grund habe die Mutter auch an erster Stelle der Bindungshierarchie gestanden. Zudem sei der Kindeswille zu beachten. Beide Kinder wünschen zwar einen Kontakt zum Vater, jedoch wollen sie ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Mutter haben. Schließlich haben die Kinder bei der Mutter jeweils ein eigenes Zimmer gehabt. Im väterlichen Haushalt haben sie sich dagegen ein Zimmer teilen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.01.2017
Quelle: Oberlandesgericht Brandenburg, ra-online (vt/rb)
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